Der Männertraum trinkt Sekt auf Eis

Michaela Schaffrath alias Gina Wild und ihre Enthüllungen in der Endenicher Harmonie - Die Autogrammstunde gerät länger als die Lesung selbst

  Michaela Schaffrath  erzählt von der Zeit, als sie Gina Wild hieß.

Michaela Schaffrath erzählt von der Zeit, als sie Gina Wild hieß.

Foto: Müller

Bonn. Henry Miller sagte einmal: "Wenn man eine Hure hat, besitzt man ein Juwel." Modifiziert trifft diese Weisheit auch auf Gina Wild zu. Zwar nicht leibhaftig, aber via Video verschaffte sie ganzen Legionen an einsamen, liierten und verheirateten Männern Erleichterung.

Obwohl sie nur zwei Jahre im Hardcore-Geschäft arbeitete und im Sommer 2000 ihren siebten und letzten Pornofilm abdrehte - mit dem passenden Titel "In der Hitze der Nacht" -, wurde Gina binnen kürzester Zeit zum wertvollsten Diamanten der Branche. In ihren Streifen verkörperte sie auf perfekte Weise den fleischgewordenen Männertraum.

Freitagabend in der ausverkauften Endenicher "Harmonie". Michaela Schaffrath, wie Gina Wild bürgerlich heißt, ist zu Besuch. Es ist die letzte Station ihrer Lesetour, und auf ihre (literarischen) Enthüllungen freut sich ein bunt gemischtes Publikum. Kein "Vokuhila"-Aufmarsch, keine Ballermann-Goldkettenträger.

Vom silberhaarigen Gentleman mit Krawatte über den Jura-Studenten und den Autoverkäufer bis zur Bürokauffrau ist alles vertreten. Gina alias Michaela nimmt auf der weißen Ledercouch auf der Bühne Platz. Die 34-Jährige sieht nach wie vor zum Anbeißen aus: Lange, blonde Haare, sinnliche Lippen, Top-Figur. Blue Jeans, Jeans-Jacke, cremefarbene Wildleder-Stilettos. Zur Erfrischung bestellt die Dame Sekt auf Eis.

Die ehemalige Kinderkrankenschwester kokettiert im Laufe der Lesung mit zweideutigen Formulierungen. Bis zum Porno-Star sei es ein "knüppelharter Weg" gewesen. Im Amateurfilmbereich unternahm sie ihre ersten Gehversuche, und ein Produzent erkannte das Potenzial der Naturbrünetten: "Michaela, du bist so ein exhibitionistisches Biest, du solltest Pornofilme drehen."

Auf der Venus-Verleihung 1997, dem "Oscar der Pornobranche", begegnet sie dem vielbeschäftigten italienischen Kultdarsteller Rocco Siffredi: "Ein Traum war für mich greifbar geworden."

Dann zieht die 34-Jährige unter wohlwollendem Gemurmel ihre Jeans-Jacke aus. Unter dem engen Top zeichnet sich ihr voluminöser, silikonverstärkter Busen ab. Michaela berichtet von ihrer "Jetzt wird''s schmutzig"-Reihe und der legendären Szene, in der sie einen schwarzen Spinnen-Body trägt, sich auf einer mit rotem Samt ausgelegten Treppe räkelt.

Die anschließende Autogrammstunde gerät länger als die Lesung selbst. Alle wollen Gina. Ein junger Mann filmt Michaela beim Signieren im Gedränge und ruft: "Gina, du warst die Beste!" Michaela Schaffrath lächelt in den Zoom hinein. Ihr Mentor, Schauspieler Dieter Pfaff, meinte zu ihr: "Lass'' Porno nicht deine letzte Station sein. Du hast Talent."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort