Bonner Theater Der neue Chef verschickt Kündigungen

Bonn · Das Gesicht des Bonner Theaters wird sich mit Antritt des neuen Intendanten Bernhard Helmich 2013 verändern. Schauspielern, die länger als acht Jahre dem Ensemble angehören (Kündigungsfrist 12 Monate), ist die Nichtverlängerung der Verträge jetzt mitgeteilt worden.

 Ab der Spielzeit 2013/14 Generalintendant in Bonn: Bernhard Helmich.

Ab der Spielzeit 2013/14 Generalintendant in Bonn: Bernhard Helmich.

Foto: GA

Das Künstlertum hat seine ganz profanen Seiten. Schauspieler, Sänger und Tänzer an deutschen Stadttheatern können ein Lied davon singen. Mit jedem Intendantenwechsel stehen ihre Planstellen zur Disposition. In der Regel bringen neue Chefs neues Personal mit, damit setzt ein Verdrängungsprozess ein. Das bedeutet zunächst "Anhörungsgespräche", dann Kündigungen, deren Basis formal der "Intendantenwechsel" ist, und zuletzt die Suche nach neuen Aufgaben. Das ist der Preis des freien Künstlertums.

Auch mit dem Antritt von Bernhard Helmich 2013/14 als Generalintendant in Bonn sind Veränderungen im Ensemble von Schauspiel und Oper programmiert. Das war nicht anders, als Helmichs Vorgänger Manfred Beilharz 1992 und Klaus Weise 2003 ihre Arbeit in Bonn aufnahmen.

Im Bonner Schauspiel sind mehrere Veränderungen geplant, das bestätigte Helmich gestern. Damit werde einem neuen Schauspieldirektor, der bis spätestens Ende September vorgestellt werde, der Rücken freigehalten und der Aufbau eines Ensembles nach dessen Vorstellungen ermöglicht.

Schauspielern, die länger als acht Jahre dem Ensemble angehören (Kündigungsfrist 12 Monate), ist die Nichtverlängerung der Verträge jetzt mitgeteilt worden. Wer zeitlich gesehen unter acht Jahren liegt, muss im Oktober mit der Kündigung rechnen. Wie viele Kündigungen es insgesamt bei Oper und Schauspiel geben werde, wollte Helmich gestern nicht beziffern.

Ein neuer Intendant sei "immer auch juristisch an Fristen gebunden", sagte Helmich. Er habe alles getan, was im Falle eines Intendantenwechsels nötig sei, kommentiere das Prozedere aber nicht: "Dazu sage ich öffentlich nichts." Öffentlich tritt er aber dem Gerücht entgegen, er habe Schauspielern gekündigt, um sie dann später zu günstigeren Konditionen wieder einzustellen: "Das mache ich in keinem Fall."

Ein älteres Ensemblemitglied, das namentlich nicht genannt werden will, kommentierte die Kündigungen gestern: "Das ist immer so, wenn ein neuer Schauspieldirektor kommt." Insbesondere für ältere Schauspieler bedeute der permanente Zwang zur Veränderung aber eine Belastung: "Wenn man älter wird, will man an einem Ort bleiben." Indes: "Es ist immer das gleiche Lied. Ein unruhiges Leben."

Birte Schrein, die wie Anjara I. Bartz in der Oper (seit 1993) länger als 15 Jahre im Ensemble arbeitet (seit 1995/96), ist unkündbar. Sie hat sich entschieden, weiterhin in Bonn zu arbeiten. "Ich hänge an Bonn", sagte sie gestern. Birte Schrein schwärmte vom "guten, sehr kollegialen Verhältnis im Ensemble" und betonte, "was für eine Qualität in den Leuten steckt".

Wechsel sei normal, aber "ich hoffe auf den neuen Schauspieldirektor oder die neue Schauspieldirektorin", sagte die Schauspielerin. Er oder sie lasse sich vielleicht von der Qualität von Kollegen wie Hendrik Richter, Günter Alt, Susanne Bredehöft oder Tatjana Pasztor überzeugen. Sie alle sind seit 2003/04 im Ensemble und stehen nun vor einer ungewissen Zukunft - mit der theoretischen Option Bonn.

Bernd Braun, seit 2003/04 dabei, bleibt wie Birte Schrein Bonn erhalten. Er hat ein Angebot bekommen und akzeptiert. Der profilierte Darsteller sagte gegenüber dem Express: "Befristete Verträge sind normal in der Branche, wer Ensemble-Schauspieler ist, weiß, worauf er sich da einlässt. Ich selbst bin in 33 Berufsjahren fünfmal gekündigt worden und habe dreimal selbst gekündigt."

Groß ist im Bonner Schauspiel-Ensemble die Neugier auf den neuen Schauspieldirektor, den Bernhard Helmich mitbringen will. Dessen jetziger Mann in Chemnitz, Enrico Lübbe, wird zum 1. August 2013 Schauspielchef in Leipzig. "Ich hätte ihn auch gern nach Bonn gebracht", sagte Helmich. "Aber so ist das jetzt toll für ihn." Lübbes Berufung nach Leipzig empfindet Helmich auch als Bestätigung seiner Arbeit als Generalintendant in Chemnitz.

Helmich hatte geplant, bis Beginn der Sommerferien den Verantwortlichen fürs Bonner Schauspiel ab Sommer 2013 zu finden. Er ist fündig geworden, alles sei "im Plan". Den Namen werde er nach den Sommerferien, spätestens Ende September, bekanntgeben, sagte Helmich.

Wird es ein Mann sein oder eine Frau? Helmich: "Eine volljährige Person."

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