11. Petersberger Forum Der Weltuntergang fällt aus

Königswinter · Die weltbewegende Frage, wer denn Fußball-Europameister 2012 werde, klärte sich ziemlich früh per Abstimmung: Die zahlreichen Gäste des 11. Petersberger Forums vom Verlag für Deutsche Wirtschaft reckten einhellig weiße Federn empor und stimmten für Deutschland.

 Krisengipfel auf dem Petersberg: Der Verfassungsrechtler Udo Di Fabio (links), die Umwelt- und Energieökonomin Claudia Kemfert und der Altamerikanist und Ethnologe Nikolai Grube.

Krisengipfel auf dem Petersberg: Der Verfassungsrechtler Udo Di Fabio (links), die Umwelt- und Energieökonomin Claudia Kemfert und der Altamerikanist und Ethnologe Nikolai Grube.

Foto: Lichtenscheidt

Hundertprozent-Votum auch bei der Frage, ob Europa Eurobonds brauche: Schwarze federn gingen in die Höhe. Das bedeutet ein klares Nein. Der Moderator der Veranstaltung, der Schweizer Stephan Klapproth, hatte zu der indianischen Abstimmungstechnik per Feder in Anspielung auf Peer Steinbrücks Kavallerie-Attacke gegen die Alpenindianer im Jahr 2009 gebeten.

Dann wurde es ernst auf dem Petersberg bei Bonn, denn drei Krisen galt es unter dem Oberbegriff "Impulse, Herausforderungen, Chancen" zu verhandeln: Den angeblich per Maya-Kalender für den 21. Dezember diesen Jahres angekündigten Weltuntergang, den angeblichen Niedergang des Nationalstaates in Zeiten der europäischen Finanzmarktkrise und die angeblich unlösbare Problem-Trias aus Energie-, Klima- und Finanzkrise. Drei hochkarätige Referenten waren zum Krisengipfel auf den Petersberg geeilt, die Bonner Professoren Nikolai Grube für Altamerikanistik und Ethnologie sowie Udo Di Fabio für Öffentliches Recht und die Berliner Professorin für Energieökonomie und Nachhaltigkeit, Claudia Kemfert.

Die gute Meldung des Tages hatte Grube im Gepäck: Der von esoterischen Kreisen und Boulevardmedien prophezeite und in Internet-Foren heiß diskutierte Weltuntergang am 21. Dezember 2012, wie ihn der sogenannte Dresdner Maya-Codex verkünden soll, findet nicht statt. "Das ist kein Thema für uns", sagt Grube und zeigt dann doch die Seite 74 des berühmten Kalenders mit dem wasserspeienden Himmelskrokodil und den düsteren Unterwelt-Gottheiten. Vorboten einer Katastrophe?

Laut Grube findet sich nirgends ein Hinweis auf das Weltuntergangs-Datum. Der Kalender ende zwar am 21. Dezember 2012, doch das hänge damit zusammen, dass an diesem Tag der seit der Erschaffung der Welt - aus Maya-Sicht am 11. August 3114 vor Christus - in 400-Jahre-Zyklen voranschreitende Kalender eine Zäsur hat. In diesem Jahr endet der dreizehnte 400-Jahreszyklus der Maya. Kein Problem für uns. Bei dem 2012-Phänomen handle es sich, so Grube, "weniger um eine alte Voraussage als vielmehr um ein modernes, esoterisch angereichertes Fantasie-Produkt, das mehr über seine Anhänger als über die Zukunft aussagt". Die Maya würden zu einem "Spiegel der Wünsche und Ängste gemacht".

Auf den realen Boden der Tatsachen holte Udo Di Fabio, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht, die Zuhörer des Forums, indem er über den "falsch verstandenen Nationalstaat" sprach und fragte: "Was wird aus den Nationen Europas?" Der Nationalstaat als Auslaufmodell, als Hort nationalstaatlicher Egoismen sei nicht mehr zeitgemäß, um die grenzüberschreitenden Probleme und Krisen Europas zu meistern, nicht mehr tauglich für die "Weltgesellschaft" (Niklas Luhmann) - dieses Spektrum breitete Di Fabio aus.

Er ist aber - auf Europa gemünzt - ganz anderer Meinung: "Der freiheitliche Zusammenschluss der Staaten Europas wird nie über zentralstaatliche Herrschaft gelingen, sondern nur über fortbestehende kooperationsfähige Nationalstaaten, die sich in einen supranationalen Ordnungsrahmen einfügen und ihre Pflichten erkennen." Di Fabios Plädoyer gipfelte in: "Wenn die Union als internationaler Machtfaktor und als ein Raum der Freiheit, des Friedens und des Wohlstandes überleben will", sagte er, "ist sie auf Staaten mit 'good governance' angewiesen, auf Staaten, die ordentlich Buch führen, die Steuern gleichmäßig einziehen, die Ausgaben und Einnahmen im Gleichgewicht halten."

Die Krise als Chance zu begreifen, war der Hauptgedanke in Claudia Kemferts Referat, das sich um eine geistreiche Verknüpfung von Energie-, Klima- und Finanzkrise verdient machte. Klimaschutz sei keine Last, vielmehr "der Wirtschaftsmotor der Zukunft". Klimaschutz als Weg aus der Krise, besser: der drei Krisen. Eloquent breitete sie ein Szenario für eine "klimaschonende, sichere und bezahlbare Energieversorgung und nachhaltige Mobilität" aus. Deutschland sei als "Land der Ideen", so Kemfert, schon heute Technologieführer - warum nicht auch im Bereich grüner Technologien?

Buchtipp

Wer genau wissen will, was uns der Maya-Kalender zu sagen hat und was an der 2012-Prophezeiung dran ist, dem sei Nikolai Grubes exzellentes Buch "Der Dresdner Maya-Kalender" (Herder, 19,99 Euro) wärmstens empfohlen.

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