Die Eintagsfliege und ein Leben im Zeitraffer

Rüdiger Pape inszeniert Martin Baltscheits Stück "Nur ein Tag" bei den Marabus in der Brotfabrik

Die Eintagsfliege und ein Leben im Zeitraffer
Foto: Urslula Kaufmann

Bonn. Fuchs und Wildschwein schnarchen auf der Hollywood-Schaukel und sind sehr gute Freunde, solange sie nicht verbissen um ein Kissen kämpfen.

Walter Zick als nicht übertrieben schlauer Fuchs und Claus Overkamp als gerissenes, aber reichlich nah am Wasser gebautes Wildschwein warten drauf, dass irgendwas passiert. Und machen aus dem Warten eine - leider ziemlich lange - tierisch komische und sehr menschliche Standup-Comedy-Nummer.

Erfunden hat die beiden merkwürdigen Viecher der Kinderbuch-, Hörspiel- und Theaterautor, Comiczeichner und Radiomoderator Martin Baltscheit, dessen neues Stück "Nur ein Tag" jetzt vom Bonner Theater Marabu uraufgeführt wurde.

Es ist in der Inszenierung des bekannten Kinder- und Jugendtheaterregisseurs Rüdiger Pape eine bezaubernd witzige und nachdenkliche Geschichte über die Vergänglichkeit der Zeit und die Möglichkeit, in einem kurzen Leben das ganze Glück eines langen zu erobern.

Fuchs und Wildschwein warten nämlich sehnsüchtig auf die Geburt einer Eintagsfliege. Wenn Tina Jücker torkelnd und tanzend aus dem sorgsam in einer Waschschüssel gehüteten Ei schlüpft, muss jeder dieses fröhliche, kunterbunte Geschöpf (märchenhafte Ausstattung: Regina Rösing) einfach lieb haben.

Das Problem ist: Das Wesen, das da gerade begeistert das Licht der Welt erblickt hat, hält sich für eine Maifliege, die auch noch im Juli herumschwirren könnte. Ist aber nur eine Eintagsfliege und am nächsten Tag schon der Staub von gestern. Kann man dem munteren Mädel aber nicht so direkt sagen. Deshalb gibt es plötzlich einen fiktiven Eintagsfuchs, und das putzige Insekt will mitleidig dessen einzigen Lebenstag zu einem großen Fest machen.

Vom kleinsten Einmaleins in der Grundschule bis zur Hochzeit, von einer dramatischen Schwangerschaft bis zur Witwereinsamkeit spielen die Freunde ihrem 'Kind' das ganze Leben zwischen Geburts- und Todestag einfach vor.

Spätestens wenn Bene Neustein als groteske schwarze Eintagsfliege auftaucht und sich die Minuten mit der Fliegenklatsche auf den Rücken klopft, begreift jeder, dass jede gelebte Sekunde mehr wert ist als eine abgezählte. Klar: Irgendwann ist der Tag vorbei, aber weil alle so herrlich komisch und gleichzeitig so ernsthaft gespielt haben, war das kurze verspielte Leben der Eintagsfliege einfach wunderbar.

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