Jazzmusikerin Julia Hülsmann Die Intimität des Trios

In gewisser Weise könnte man das, was Julia Hülsmann momentan wieder verstärkt umtreibt, als Grundlagenforschung bezeichnen. Zurück zu den Wurzeln, in die Tiefe gehend, reduziert und konzentriert wieder in jener Konstellation arbeitend, die die Keimzelle des musischen Schaffens der Bonner Jazzpianistin bildet: Das Trio.

 Freut sich über die lebendige Jazz-Szene: Julia Hülsmann.

Freut sich über die lebendige Jazz-Szene: Julia Hülsmann.

Foto: Beushausen

"Wir sind in dieser Besetzung gerade sehr aktiv, waren jetzt unter anderem in den USA, Kanada und China, jetzt steht Peru auf dem Programm", erzählt die 47-Jährige im Telefoninterview. "Das Trio ist seit Jahren meine Basis, und ich genieße es, nach einem Ausflug in eine Quintett-Besetzung in diesem Bereich nach neuen Ansätzen zu suchen." Da passt es, dass die Rückbesinnung Hülsmann einmal mehr in ihre Geburtsstadt führt - am Mittwoch tritt sie in der Harmonie auf. "Ich freue mich schon sehr. Ich glaube, zum letzten Mal habe ich auf dieser Bühne gestanden, als es noch den Jazz-Zirkel gab."

Die zunehmende Trio-Aktivität ist auch insofern bemerkenswert, dass es eigentlich zuletzt eine etwas größere Formation war, mit der Julia Hülsmann für Furore sorgte. Im März dieses Jahres ist ihr von der Kritik umjubeltes Album "A Clear Midnight - Kurt Weill and America" erschienen, bei dem sie ihre Band um Trompeter Tom Arthurs und Sänger Theo Bleckmann erweiterte und es zugleich schaffte, die Kompositionen zu entschlacken und zu reduzieren. "Ja, das ist tatsächlich paradox", gesteht sie lachend, "das hat sich einfach so ergeben. Wobei es live noch einmal etwas anderes ist. Da gehen die Pferde gerne mal mit einem durch." Doch genau damit könnte man ja weitermachen, oder?

"So leicht ist das nicht. Bleckmann lebt in New York und ist erst im November wieder in Deutschland, und Arthurs wohnt zwar wie ich und meine Triopartner in Berlin, ist aber ein vielgefragter Musiker und dementsprechend oft unterwegs. Ein Trio ist da einfach leichter zu organisieren. Und es ist intimer."

Das passt eigentlich sehr gut zu dem ohnehin lyrischen, von einer klaren Bild- und Tonsprache dominierten Spiel Hülsmanns, auch wenn der von ihr geschätzte Gesang so nicht zum Tragen kommen kann. Die Pianistin, die Stimme und die Poesie: Das ist ohnehin eine Geschichte für sich. Viele ihrer Kompositionen sind von Gedichten inspiriert, von Versen Emily Dickinsons, E.E. Cummings' oder Walt Whitmans.

"Der Zugang zu diesen Texten basiert auf einem Zufall", erzählt die Pianistin nun. "Als ich Anfang der 2000er Jahre in New York studierte, habe ich Rebekka Bakken kennengelernt und wollte unbedingt für sie schreiben. Aber ich bin selbst keine Texterin. Also habe ich mich auf die Suche nach Alternativen gemacht und bin schließlich bei E.E. Cummings fündig geworden. Die Liebe zur Sprache ist seitdem eine der Konstanten in meinem Schaffen."

Gleiches lässt sich auch über ihr Engagement für ein besseres Ansehen des Jazz in Deutschland sagen. Von 2012 bis Ende 2013 war sie Vorsitzende der Union Deutscher Jazzmusiker, hat viel Lobbyarbeit betrieben - und kann mittlerweile konstatieren, dass sich die Situation für sie und ihre Kollegen durchaus gebessert hat. "Es gibt eine unglaublich lebendige junge Jazz-Szene mit herausragenden Künstlern", freut sie sich, "nur bei der Unterstützung für Auslands-Tourneen könnte noch etwas mehr geschehen."

Dabei lohne sich dies letztlich sowohl für die Musiker als auch für das Publikum. "Die Chinesen sind zum Beispiel unglaublich hungrig auf neue Impulse. Und auch auf Peru bin ich gespannt, weil wir mit einigen Musikern aus Lima arbeiten werden, die ja sehr spezielle Rhythmen haben. Das wird bestimmt sehr spannend." Letztlich nur eine andere Art der Grundlagenforschung.

Termin: Mittwoch, 28. Oktober, 20 Uhr, Harmonie. Karten für 25 Euro zuzüglich möglicher Vorverkaufsgebühren gibt es in den bonnticket-Shops der GA-Geschäftsstellen.

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