DW-Intendant Peter Limbourg im Gespräch "Die Leute wollen wissen: Was denkt Deutschland?"

Bonn · Freude, Dankbarkeit und Skepsis, zwischen diesen Polen bewegt sich deutlich bemerkbar die Stimmungslage von Peter Limbourg, Intendant der Deutschen Welle (DW). Dass es für 2015 zusätzlich zu den Zuwendungen von 280 Millionen pro Jahr Projektmittel in Höhe von insgesamt 10,5 Millionen Euro gibt, wertet Limbourg als Aufwertung des Auslandssenders durch die Politik.

 Er will ein größeres Rad drehen: Peter Limbourg.

Er will ein größeres Rad drehen: Peter Limbourg.

Foto: DW

Hier habe sich der Trend gedreht, sagte er gestern in einem Pressegespräch. Man habe nun die nötige Unterstützung durch die Politik bekommen, "so dass wir für 2015 ganz gut dastehen". Verwenden wird Limbourg die Projektmittel für den Studioumbau in Berlin und Bonn für den englischen Kanal (vier Millionen Euro) und für die Verbesserung des russischen Programms (3,5 Millionen), der Rest fließe in Formate für Afrika und die Arabische Welt.

Limburg ließ aber keinen Zweifel daran, dass diese temporären und zweckgebundenen Mittel nur ein Tropfen auf den heißen Stein seien, sollte es nicht auch zu einer strukturellen Erhöhung der Bundesmittel kommen. Bei der gegenwärtigen Situation sei "Planbarkeit nicht gegeben". Seit 15 Jahren bekomme die DW keinen "Inflationsausgleich", das heißt, dass die Welle Tariferhöhungen und steigende Sachkosten aus dem seit Jahren unveränderten Etat bestreiten müsse.

Für 2015 beziffert Limbourg diese Kosten auf 6,5 Millionen Euro. Da öffne sich ein gefährliches Delta, meinte der Intendant. Mindesten so hoch müsse eine Steigerung der strukturellen Förderungen ausfallen, sagte er. Solle sich die Situation 2016 nicht ändern, "müssen Schritte erfolgen".

Wie die genau aussehen, darüber wollte sich Limbourg nicht en Detail auslassen, ein "Worst-Case-Szenario" will er sich nicht ausmalen. Sicher wäre aber, dass das 30 Sprachen umfassende Programm der DW reduziert werden müsste, die "Umstellung in digitale Welt" schneller erfolgen würde und das klassische lineare deutsche Fernsehprogramm der DW zur Disposition stünde. "Es wird immer ein deutsches Angebot geben müssen, ich hoffe, dass wir es finanzieren können."

Um das größere Rad zu drehen, brauche man mehr Geld, auf diesen Punkt brachte Limbourg die aktuelle Situation. Denn die Ziele für die Welle sind hoch gesteckt. Kulturstaatsministerin Monika Grütters formulierte sie vor einigen Wochen: Steigerung der Reichweite um 50 Prozent von derzeit rund 100 Millionen Nutzerkontakten wöchentlich auf 150 Millionen.

In der "Aufgabenplanung 2014-2017" für den Auslandssender sind ferner festgeschrieben: Die Programme in deutscher und englischer Sprache sollen aktueller, zielgruppengerechter und multimedialer gestaltet werden. Zwei große - noch durch Projektmittel abgedeckte - Baustellen stehen im Moment im Mittelpunkt. Da sind einmal die Programme, die dem aufgerüsteten "Russia Today", aber auch expandierenden Sendern in China und der Arabischen Welt Paroli bieten sollen.

"Inhaltlich können wir mit 'Russia Today' mithalten", sagte Limbourg trotzig, "aber wir haben nicht genug Geld für die Verbreitung". "Die Leute wollen wissen: Was denkt Deutschland?" Am 27. April 2015 soll das neue englische Programm "DW News" starten, mit einem TV-Schwerpunkt in Berlin und den Schwerpunkten Social Media und Online in Bonn.

Über die personelle Situation in den Sendehäusern in Berlin und Bonn sagte Limbourg, der Abbau beziehungsweise die Reduktion (weniger Arbeit und weniger Gehalt) von insgesamt 300 Arbeitsplätzen sei abgeschlossen. Er hoffe, dass das jetzt vorbei sei, sprach aber von einem über der Welle schwebenden Damoklesschwert, solle sich die strukturelle Situation des Auslandssenders nicht verbessern.

Die Personalräte der Welle haben inzwischen auf dem Portal PresseBox eine Korrektur der Finanzierung durch den Bund gefordert: "Infolge der regulären Kostensteigerungen ergibt sich für den Sender gegenüber 1998 eine reale Budgeteinbuße von mehr als 30 Prozent."

Kritisch reagierte auch der Deusche Journalisten-Verband: "Die Bundesrepublik setzt die chronische Unterfinanzierung der Deutschen Welle fort" und das bei wachsenden Anforderungen: "Das passt nicht zusammen, und das weiß die Bundesregierung auch", sagte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken.

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