Die nicht ganz so geheime Lust am Anrüchigen

"Männer muss man schlagen" heißt gewagte These, die Comedian Ingo Appelt im Bonner Pantheon vertritt

Bonn. Wer sich amüsieren möchte und zudem noch Ansprüche stellt, der hat - so scheint's - bei Ingo Appelt nichts verloren. Beim Fiesling par excellence, beim "Quotenschwein" der deutschen Comedy-Szene. Es mag ein wenig dubios sein, einen wie ihn zu mögen. Doch die geheime Lust am Anrüchigen und Verbotenen ist klar auf seiner Seite.

So spielt der Meister aller Zoten gewiss nicht vor leeren Rängen, und auch die Reihen im Pantheon waren jetzt gut gefüllt, als Appelt dort sein neues Programm "Männer muss man schlagen" präsentierte. Was ja irgendeine Ursache haben muss.

Und wenn es nur das verschämte Lachen hinter vorgehaltener Hand wäre: über ausgesprochen gemeine und dreckige Pointen, die gemeinhin als nicht gesellschaftsfähig gelten, und über Themen, bei denen der Zuhörer normalerweise einen eher betroffenen Gesichtsausdruck zur Schau trägt. Bei Appelt jedoch hält sich niemand mehr die Hand vor den Mund, sondern lässt jeden sehen, dass man sich amüsiert, und wie sehr.

Eine verschworene Gemeinschaft des erklärten schlechten Geschmacks, der zumindest für einen Abend Pardon gewährt wird. Und die diese Freiheit sichtlich genießt. Wobei Appelt sich selbst treu bleibt, wenn es darum geht, sein Publikum mit Anlauf vor den Kopf zu stoßen. Ein Lied als Auftakt lässt vor allem die männlichen Zuschauer zusammenzucken.

Die haben nun wirklich etwas anderes erwartet. Ist ihr bester Kumpel auf der Bühne nun zum Verräter geworden? Um sich etwa den Frauen anzudienen, die doch sowieso schon jede ehemals männlich besetzte Domäne für sich erobert und die früheren Herren der Schöpfung gnadenlos daraus vertrieben haben?

Doch kein Grund zur Panik. Auch an diesem Abend schüttet Appelt sein Füllhorn aus. Wobei tatsächlich die Frauen im Laufe des Abends oft besonders laut herauszuhören sind. Gewiss, die schärfsten Ecken und Kanten haben sich mit der Zeit ein wenig abgeschliffen. Vor allem aber hat Appelt das getan, was ihm wohl die wenigsten zutrauen würden: sich weiterentwickelt.

Wer sich also die Mühe macht, Zwischentöne herauszuhören, erlebt durchaus die eine oder andere Überraschung. Es fehlt nicht mehr viel, und der Mann könnte gegen eine gewisse Ablösesumme zum Kabarett wechseln. Aber daraus wird nichts. Er bleibt denen treu, die ihn bis hierher gebracht haben. Aber das verstehen ja eh nur Männer.

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