"Szene Rheinland" Die Reihe des Landesmuseums zeigt Videos und Fotografien von Gudrun Kemsa

BONN · Die Fotos von Gudrun Kemsa gehören zu jener Art von Bildern, die dem Betrachter keine Ruhe lassen. Auf den ersten Blick bergen die Großstadtszenen nichts Ungewöhnliches.

Das fast zwei Meter breite Panorama "Schiffbauerdamm 1" von Gudrun Kemsa entstand 2009 in Berlin.

Das fast zwei Meter breite Panorama "Schiffbauerdamm 1" von Gudrun Kemsa entstand 2009 in Berlin.

Foto: GUDRUN KEMSA

Die Menschen auf den Straßen von New York, Dubai, Berlin, Paris oder Rotterdam bleiben anonym, eilen zu unbekannten Zielen, telefonieren oder warten an Bushaltestellen.

Kein Drama weit und breit, keine außergewöhnliche Perspektive oder Geschichte lenkt den Blick ins Bild hinein. Und doch sind hier gestalterische Mittel am Werk, die so subtil und präzise eingesetzt werden, dass die Freude an Gudrun Kemsas Foto- und Videoarbeiten nachhaltig ist.

In der Serie "Szene Rheinland" stellt das Landesmuseum die 51-jährige Künstlerin, die an der Düsseldorfer Akademie studierte und heute Professorin für "Bewegte Bilder und Fotografie" an der Fachhochschule in Krefeld ist, jetzt mit einer beeindruckenden Ausstellung vor.

Worauf ist die Faszination an Gudrun Kemsas Bildern zurückzuführen? Sicher ist hier eine Irritation im Spiel, die der Betrachter spürt, aber die Gründe hierfür nicht sofort benennen kann. Die Straßen und Plätze auf den Fotos wirken ungewöhnlich sauber, so als sei gerade erst durchgefegt worden. Auch fehlt jegliche Form von Werbung, die sich in den Städten normalerweise an jeder Ecke aufdrängt.

Das Licht ist hell, die Schatten hart und die Architektur kulissenhaft. So langsam wird klar: Gudrun Kemsa hat eine städtische Bühne aufgebaut, zusammengesetzt aus den Requisiten, die die Wirklichkeit bereithält. "Ich gehe nur fotografieren, wenn die Sonne am höchsten steht, das Licht am hellsten ist", sagt Gudrun Kemsa. Dann macht sie sich auf die Suche nach Bildern auf unseren städtischen Bühnen. "Urban stage" ist auch treffend der empfehlenswerte Ausstellungskatalog betitelt.

Mit besonderem Gespür für Fluchtpunkte in der Architektur, für die Rhythmisierung durch Treppen oder Fassadenelemente, für Farben, Licht und die Dynamik des Ortes gestaltet die Künstlerin die bereits vorhandene Bühne. Die Fotos werden aufwändig nachbearbeitet. Kein Kaugummi und kein Werbemüll stört diese geradezu betörend ästhetisierte Alltäglichkeit.

Auch Passanten werden hineinretuschiert Bildausschnitte choreografiert. Dass die Fotos dabei völlig glaubwürdig bleiben, macht sie in ihrer unterschwelligen Künstlichkeit umso anziehender. Gudrun Kemsa gelingt etwas Großartiges: Im Unbedeutenden spürt der Betrachter die Flüchtigkeit des Momentes und die Zeit, die für einen Moment stillsteht.

LVR-Landesmuseum, Colmantstraße 14-16, bis 7. Juli. Di-Fr und So 11-18, Sa 13-18 Uhr, Katalog 30 Euro. Am 5. Juli, 19 Uhr, führen Gudrun Kemsa und Kurator Lothar Altringer durch die Ausstellung.

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