"Cats" in Köln Die schönste Müllhalde der Welt

KÖLN · Da wo sonst der "Cirque Soleil" steht, hat nun "Cats" sein stilgerechtes, schwarzes Zelt aufgeschlagen. Im Innern, auf der schönsten Müllhalde der Welt, gibt sich Lloyd Webbers illustre Katzen-Community ein Stelldichein. Damit jeder der möglichen 1800 Besucher nahe am Geschehen ist, ragt die Spielfläche wie eine (Katzen-)Zunge in den Zuschauerraum herein.

 Szene aus dem Musical "Cats", das bis Ende Oktober in Köln-Deutz zu sehen ist.

Szene aus dem Musical "Cats", das bis Ende Oktober in Köln-Deutz zu sehen ist.

Foto: Thomas Brill

Genauso wie 1981 bei der Uraufführung im New London Theatre. Das man jetzt erstmals hierzulande dieses Original-Setting bewundern kann, hat natürlich seinen Preis: Über die Müllhalde weht ständig der Wind (sprich: Klimaanlage), der so manchen Ton mit sich fort trägt.

Aber wenn man sich einmal an dieses laue Lüftchen gewöhnt hat und sich ganz auf die menschelnden "Katzen" konzentriert, die gleich zu Beginn mit leuchtenden, grünen Augen durchs dunkle Zelt toben, dann taucht man schnell in die 1939 von T.S. Eliot in seinen skurrilen Gedichten erschaffene Katzenwelt ein.

Da "Cats" handlungsmäßig und inhaltlich - ausser vielleicht der Botschaft: "Die Katze ist kein Spielobjekt, sie fordert Achtung und Respekt" - nicht viel hergibt, liegt die Herausforderung in der Inszenierung und der Choreographie.

Und da haben damals Trevor Nunn und Gillian Lynne wegweisendes geleistet. Lynnes Choreographie, die sich an den Bewegungen von Katzen orientiert, ergänzt wunderbar die von Nunn entwickelten Charaktere, die dann durch Lloyd Webbers Songs ihre emotionale Ausstrahlung bekommen.

Das ausgerechnet das zum Welthit gewordene "Erinnerung" ("Memory") als einziges Lied nicht auf Eliots Gedichten basiert, sondern von Nunn hinzugefügt wurde, zeugt vom großen dramaturgischen Gespür des ehemaligen Intendanten der Royal Shakespeare Company.

Chrissie Cartwrigt zeichnet nun auf dieser Zelt-Tournee dafür verantwortlich, dass das Original Regie- und Choreographie-Konzept von den Darstellern kongenial umgesetzt wird. So tummeln sich bei Vollmond 22 Kater und Katzen zum Jellice-Ball auf der Müllhalde um Alt Deuteronimus, der alljährlich einen Artgenossen aussucht, der im Katzenhimmel ein zweites Leben führen darf.

Alle bekommen sie ihren "Bewerbungsauftritt": Der Macho-Kater Rum Tum Tugger, dem Dominik Hess verspielt- ironisch einen Schuss Mike Jagger beimischt. Genauso charismatisch das von Gavin Eden und Jo Lucy Rackham mit akrobatischen Tanzeinlagen versehene Diebesduo Mungojerry/Rumpleteazer und der magische Mr. Mistoffelees, in dessen Glitzerkostüm Jack Allen geschlüpft ist.

Seine am klassischen Ballett orientierte Performance ist einer der Höhepunkte der Show, die eigentlich nur noch von dem bekannten Musical-Star Yngve Gasoy Romdal ( u.a. "Jekyll & Hyde") erreicht wird , der gleich in drei Katzen-Rollen schlüpft und vor allem seinen Theater-Kater "Gus" zu einem stimmlichen Hochgenuss macht.

Leider fehlt der Figur, um die sich alles dreht, jenes Charisma, das viele ihrer Darsteller bisher ausgezeichnet hat: Pieter Tredoux wirkt als Deuteronimus doch ein wenig blass. Und ausgerechnet der Showstopper des Musicals "Erinnerung" erzeugt in Masha Karells (als "Auserwählte" Grizabella), allzu sehr auf ihre Beltstimme setzenden Interpretation, nicht für jene Gänsehaut, die man als "Cats"-Fan in Erinnerung hat.

Was vielleicht auch an dem doch etwas blechernen Klang des spärlich besetzten - sieben Musiker unter dem Dirigat von Daniel Rein - Orchester lag. Zum Glück fängt die ausgelassene Spielfreude des Ensembles dieses Manko immer wieder auf, beschert dem begeisterten Publikum einen dennoch "erinnerungsträchtigen" Musical-Abend.

Köln, Theaterzelt, an der Gummersbacher Straße, bis 28.10., tägl. Karten in den GA-Zweigstellen und bei bonnticket.de

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