Arp Museum Rolandseck Die starke Kraft des Cellotons: Konzert mit Lynn Harrell

ROLANDSECK · Er könnte der nette Opa von Nebenan sein: eine sympathische Erscheinung mit Bart und gelichtetem Haarkranz, immer zu Späßen aufgelegt und gleichzeitig die Verkörperung alter britischer Tugenden wie Höflichkeit und Zurückhaltung. Bei seinem Konzert im Arp Museum Rolandseck zeigte sich der Cellist Lynn Harrell von seiner besten Seite, musikalisch sowieso, aber auch wenn er mit dem Publikum schäkerte.

Sympathisch auch: Die Zugabe, "Après un rêve" von Gabriel Fauré, widmete er dem Begründer der Rolandsecker Konzerte, Johannes Wasmuth. Doch Harrell konnte nicht nur auf zwischenmenschlichem Gebiet punkten. Zusammen mit seinem ganz und gar formidablen Begleiter Andrew Harley zeigte er als musikalischer Routinier, dass er längst nicht zum alten Eisen gehört.

Der Auftakt verlief mit Franz Schuberts Arpeggione-Sonate zwar noch etwas durchwachsen, da Harrell sich im Detail noch einige Schnitzer erlaubte und sein enorm wandlungsfähiger Celloton vor allem in der Höhe noch recht mager klang, doch Begleiter Harley riss es wieder raus: Sein inspiriertes, nicht zuletzt im Kopfsatz enorm drängendes Spiel machte die Sonate überaus hörenswert.

Mit der zweiten Solo-Suite von Johann Sebastian Bach zeigte sich Harrell hernach als gewiefter Könner. Das Prélude nahm er in sehr verhaltenem Ton, stürzte sich aber vor allem in den schnellen Sätzen mit ungestümer Wucht ins musikalische Geschehen. Hier zeigte sich, dass Harrell keiner ist, der jeden Ton auf die Goldwaage legt.

Er schien vielmehr auf die Kraft der Spontaneität zu setzen, ließ die Musik eher roh und unbehauen wirken als sie unter zu viel interpretatorischem Ballast zu begraben. Die Kraft der unverstellten Ursprünglichkeit war es auch, die Johannes Brahms' zweite Sonate auszeichnete. Feurig und sehr heftig ließ Harrell in den schnellen Sätzen Brahms' musikalisches Temperament aufblitzen. Eine virtuose Tour de Force, die durch die ruhigen Sätze ein wenig abgefedert wurde. Auch hier zeigte sich Andrew Harley als durch und durch versierter Begleiter.

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