Aufführung am Jungen Theater Bonn „Die unendliche Geschichte“ feiert gelungene Premiere

Bonn · Intendant Moritz Seibert inszeniert Michael Endes „Die unendliche Geschichte“ am Jungen Theater Bonn. Was das erwachsene Profiensemble auf und hinter der Bühne leistet, ist kaum genug zu loben, findet unser Autor.

Es ist eine Reise ins Reich der Fantasie, aber vor allem eine zu sich selbst. Michael Endes 1979 erschienener großer Roman „Die unendliche Geschichte“ ist eine Hommage an das Lesen und hat mittlerweile Generationen das Tor zur Welt der Bücher geöffnet. In ein Antiquariat flüchtet Bastian Balthasar Bux vor seinen Mitschülern, die ihn ständig mobben. „Psycho“ nennen sie den sensiblen Jungen, der nach dem Tod seiner Mutter allein bei seinem wortkargen Vater lebt. Ein Buch zieht ihn magisch an. Die Erzählung beginnt zu leben. Mehr noch: Bastian muss selbst Teil der Handlung werden, um das Land Phantásien vor der Vernichtung zu retten.

Moritz Seibert, Intendant des Jungen Theaters Bonn, hat die vielschichtige Erzählung wunderbar klar auf die Bühne gebracht, ohne deren gedankliche Komplexität mit ihren subtilen Spiegelungen zu vereinfachen. Unversehens gerät der Zuschauer in den Sog der Lektüre und folgt Bastian in die dramatische Traumwirklichkeit. Auf der Einheitsbühne von Laurentiu Tuturuga, der auch die vielen Puppen entworfen hat, markieren hölzerne Streben den Dachboden der Turnhalle, auf dem Raum und Zeit zusammenfließen.

Immer mehr Teile des Landes Phantásien werden vom Nichts verschlungen. Die Kindliche Kaiserin leidet an einer geheimnisvollen Krankheit, die nur durch einen neuen Namen, also ein Wort, zu heilen ist. Sie schickt ihren treuen jungen Ritter Atréju auf eine gefährliche Mission, die jedoch nur zu einem guten Ende gebracht werden kann, wenn er einen mutigen menschlichen Mitstreiter findet. Denn eins ist sicher: Je mehr poetische Fantasie verschwindet, umso größer wird die Flut der Lügen in der Menschenwelt.

Eindringliches Spiel

Tristan Witzel (Bastian) und Oscar Kafsack (Atréju), beide bühnenerfahrene Mitglieder des JTB-Nachwuchsensembles, spielten bei der Premiere am Samstag ungemein eindringlich die beiden Jungen, die nur gemeinsam den schweren Auftrag erfüllen können. Wie immer sind die jugendlichen Rollen doppelt besetzt. Bei der zweiten Premiere spielten Jari Suppert und Lewin Mayer-Tasch die ungleichen Freunde. Die Kindliche Kaiserin (Tamina Friedrich/ Louise Buhl) dürfen sie nur einmal sehen. Aber sie haben einen fabelhaften großen Gefährten: den weißen Glücksdrachen Fuchur, geführt von dem Schauspieler Jan Herrmann, der auch in diversen anderen Rollen glänzt. Einfach köstlich sind die großen und kleinen Figuren, die mit ihren Dimensionswechseln ständig infrage stellen, was wirklich ist oder pures Spiel.

Was das erwachsene Profiensemble auf und hinter der Bühne leistet, ist kaum genug zu loben. Katharina Felschen unter anderem als Irrlicht, Giselheid Hoensch als Orakel, Sandra Kernenbach als bissiger Gmork, Christian Steinborn als Felsenbeißer und Andrea Brunetti, die am Ende mit einem bunten Früchtehut (tolle Kostüme: Brigitte Winter) erscheint, liefern die Grundsubstanz all der atemberaubenden Verwandlungen. Unaufdringlich begleitet von der Bühnenmusik von Serge Weber und suggestiv ausgeleuchtet vom kreativen Technikteam.

Dennoch darf man nicht zu lange in Phantásien verweilen, denn sonst vergisst man sich selbst. Bastian wird also aus dem Buch zurückkehren in seine Welt. Selbstbewusster als zuvor. Aber bereichert durch eine fantastische Lebenserfahrung – wie nach gut zwei spannenden Stunden auch das begeisterte Publikum.

Empfohlen für Publikum ab sieben Jahren. Nächste Familienvorstellungen am 30.9. um 15 und 18.30 Uhr. Weitere Termine unter www.jt-bonn.de. Karten u.a. bei allen Ticketshops des GA. Die jungen Spieler Oscar Kafsack (13) und Tristan Witzel (15) haben ihre Probeneindrücke bei YouTube auf ihrem Kanal “Bastreju-JTB“ ins Netz gestellt.

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