Kunstraum 21 und Galerie Judith Andreae Diese Ausstellungen sind neu in Bonn

Deva Wolframs botanische Experimente im Kunstraum 21 und Francis Zeischegg mit "view control" bei Judith Andreae: das sind die neuen Ausstellungen in Bonn.

 Deva Wolfram vor ihrem Großformat „Cenci“ (italienisch für „Lumpen“)

Deva Wolfram vor ihrem Großformat „Cenci“ (italienisch für „Lumpen“)

Foto: Schoenebeck

Kunstraum 21

Deva Wolfram gehört zu jenen Künstlern, die es genau wissen wollen. Bei denen sich Forschergeist und Neugier neben der Kunst ebenso auf die Wissenschaft erstreckt, wo bekanntlich andere Gesetze herrschen. Die Künstlerin hat Ethnologie und Linguistik in Bonn studiert, Malerei in Köln und Botanik in Florenz. Dort und in Bonn ist sie seit über 30 Jahren zu Hause, holt sich Inspiration in städtischer Kultur und toskanischer Landschaft. Wildpflanzen und Kräuter stehen bei ihr nicht nur auf dem Speiseplan, sie legt auch Herbarien an und verwendet pflanzliche Motive in ihrer Ölmalerei. Darin nimmt sie sich das Recht der Kunst heraus und bezieht das pflanzliche Vorbild in größtmöglicher Freiheit in die Bildgestaltung ein.

Etliche Beispiele dieser expressiven und assoziativen Natur- und Themenverwertung sind derzeit im Kunstraum 21 in einer Einzelausstellung zu sehen. Man lernt Bunium bulbocastrum, den gewöhnlichen Knollenkümmel oder Hypochaeris, das Ferkelkraut, kennen, trifft auf eine „Farbapotheke“ und auf Beispiele aus der Serie der gemalten Herbarien. Nicht die detailgetreue Abbildung der Pflanzen hat die Künstlerin im Sinn. Die Bilder, aufgetragen in vielen Schichten und Übermalungen, erzählen vielmehr von der Natur und ihrer Artenvielfalt.

„Botanik und Malerei sind beides dichte Gewebe“, sagt Wolfram, die auch dem Menschen einen Platz in ihren Bildern zuweist. Der Wunsch, die biologische Diversität zu erhalten und sich Gedanken über die eigene ökologische Widersprüchlichkeit zu machen, ist durchaus als Appell der Künstlerin an den Betrachter zu verstehen. Das stört nicht im Mindesten, denn Deva Wolfram klagt nicht an und hebt nicht den Zeigefinger. Sie verwebt subjektive Wahrnehmung und wissenschaftliche Anschauung zu einer künstlerischen Sicht der Welt, die auch dem Betrachter alle Freiheit lässt.

Kunstraum 21, Adolfstraße 36; bis 5. August, Di-Fr 14-18, Sa 11-14 Uhr und nach Vereinbarung.

Galerie Judith Andreae

Das Motiv „Revier“ bildet im komplexen Projektpanorama von Francis Zeischegg eine tragende Säule. Eine lohnende Pirsch oder Stöberjagd durch eine gleichsam frisch aufgeforstete Revierparzelle beschert die 1956 geborene Künstlerin und Hochschulkraft aktuell unter der Devise „view control“. Der Betrachter stößt dabei auf funktionale, aus schlichten Baumarktmaterialien konstruierte Modelle, auf ornamentale Rasterungen mit poetischem Anstrich, etwa gezeichnete Variationen nach Botanik-Studien von Karl Blossfeldt. Der Betrachter trifft auch auf die am Ort installierte Wandarbeit „Target – Structure“ sowie auf schematisierte Untersuchungen zu zentralen Themen wie Standort, Sichtfeld, Perspektive und Entfernung.

Im aparten Kellergewölbe vergönnt die Berliner Meisterschülerin von Raimund Girke per Dokumentation die partielle Teilhabe an ihrem sozialen Stadtraumexperiment „permanent moving“ von 2006. In einer scheinbar wissenschaftlich-analytischen und gleichzeitig spielerisch-eleganten Manier erforscht sie Voraussetzungen, Vorgänge und Muster der Wahrnehmung. Objekte wie Jagdhochsitze („Überwacher“, „Vision“) und das durch DDR-Zeiten inspirierte Modell „Spion“ sowie die zinkverblendeten Sichtschachte von „Blind-Detail“ stehen dem Motto „view control“ entsprechend im Zeichen von Phänomenen wie Camouflage, Inspektion, Kontrolle und Überwachung.

Galerie Judith Andreae, Bachhöfe, Paul-Kemp-Str.7; bis 5. August. Mi 10-18, Do, Fr 14 -18, Sa 11-15 Uhr.

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