Dirigent in der Opernhaus-Abseitsfalle

Zum interaktiven Fußballkonzert ist das Beethoven Orchester Bonn (BOB) mit drei "Philharmonischen Viererketten" angetreten. Thomas Honickel als Dirigent, Teamchef und Conferencier vermittelt den Kindern und Erwachsenen im Publikum mit Witz und Leichtigkeit.

Dirigent in der Opernhaus-Abseitsfalle
Foto: pa

Bonn. "Die Blockflötenspielerin hat nicht bemerkt, dass ihr der gegnerische Verteidiger mit der Trompete auf den Fersen war.

Jetzt hat er ihr den musikalischen Ball abgenommen und läuft aufs gegnerische Tor. Der Flötenspielerin bleibt keine Möglichkeit, als schnell hinterher zu rennen. Vielleicht kann sie ja ein Tor verhindern? Aber der Trompeter ist sehr schnell unterwegs . . ."

Das Spielfeld dieser Begegnung ist Bachs Brandenburgisches Konzert Nr. 2, erster Satz, der Austragungsort die Bonner Oper. Vier Wochen vor dem Anpfiff der Weltmeisterschaft hat König Fußball auch Bobbys Klassik fest im Griff.

Zum interaktiven Fußballkonzert ist das Beethoven Orchester Bonn (BOB) mit drei "Philharmonischen Viererketten" (sprich Solisten-Quartetten) angetreten, die sich nach den ausgeklügelten Spielzügen von Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart und Robert Schumann die Bälle zuspielen.

Thomas Honickel als Dirigent, Teamchef und Conferencier vermittelt den Kindern und Erwachsenen im Publikum mit Witz und Leichtigkeit so viele Parallelen zwischen klassischer Musik und Fußball, dass man sich zu fragen beginnt, ob das eine ohne das andere überhaupt möglich ist. Doppelpass?

Bei Bach heißt das Hin- und Herschieben eines Motivs "Imitation". Einwurf? Danach klingt es, wenn die vier Hörner im ersten Satz von Schumanns Konzertstück op. 86 ihr Thema wieder aufnehmen.

Und für das schwierig zu musizierende Abseits wird Honickel von seinen BOB-Profis einfach zum Dirigieren ganz weit weg ins Publikum gescheucht.

Kinder ab acht Jahren sollen anhand der Fußballbilder die Spielzüge klassischer Komponiertechnik nachvollziehen.

Und für das von Mozart angesetzte Spitzenspiel Sinfonia Concertante Es-Dur zwischen Oboe und Fagott auf der einen und Klarinette und Horn auf der anderen Seite hat der Veranstalter mit Bernhard Hoëcker einen erstklassigen Live-Kommentator eingeflogen, der auch dem unbedarften Hörer die virtuosen Slalomdribblings und weitgeschwungenen Kantilenen aus der Tiefe des Tonraums zu erklären vermag.

Noch anschaulicher geht das natürlich mit echten Fußballspielern auf der Bühne. Auf einem kompletten Mini-Spielfeld quer vor dem Orchester zeigen sechs von BOB-Solo-Trompeter Bernd Fritz trainierte D-Jugend-Spieler des ASV Sankt Augustin in Echtzeit, wie die von Viererkette und Orchester gespielten Zweikämpfe, Ballverluste und Torschüsse mit einem richtigen Ball aussehen.

Dabei beeindrucken die Jung-Fußballer nicht nur mit traumwandlerischer Ballsicherheit, sondern auch durch die nahezu perfekte Synchronizität ihrer Spielzüge mit dem musikalischen Geschehen.

Die Fans sind begeistert - zumal sie zwischendurch auch noch einen Blick hinter die Kulissen des Stadions werfen dürfen: Auftritt Platzwart (Bühnenmeister), Flutlicht-Techniker (Beleuchtungsmeister) und Mannschaftskapitän (Orchestervorstand).

Und nachdem das letzte Tor in der von Bizets "Farandole" orchestrierten Nachspielzeit gefallen ist, feiert die Südkurve ein tolles Spiel mit vielen hörenswerten Alleingängen und einer geschlossenen Mannschaftsleistung.

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