Beethovenfest in Bonn Drei Partner und ein Held

BONN · Eigentlich ist das Tripelkonzert von Ludwig van Beethoven fast in allen Belangen das schiere Gegenteil von Richard Strauss' sinfonischer Dichtung "Ein Heldenleben".

 Kammerspiel und großes Kino: (von links) Kristian Bezuidenhout, Isabelle Faust und Jean-Guihen Queyras in der Beethovenhalle.

Kammerspiel und großes Kino: (von links) Kristian Bezuidenhout, Isabelle Faust und Jean-Guihen Queyras in der Beethovenhalle.

Foto: Barbara Frommann

Das eine ist feinsinniges Kammerspiel, das andere ganz großes Kino mit Action, Drama und Leidenschaft. Beide Werke hatte das Rotterdams Philharmonisch Orkest unter Leitung seines kanadischen Chefdirigenten Yannick Nézet-Séguin auf dem Programm des ersten Abends seines zweitägigen Gastspiels beim Beethovenfest.

Auch wenn Beethovens Werk es in dieser Konstellation natürlich ein bisschen schwer hat, sich nachhaltig Gehör zu verschaffen, war die Aufführung des Tripelkonzertes dennoch von ausgesuchter Qualität. Das lag entschieden an den drei Solisten Isabelle Faust (Violine), Jean-Guihen Queyras (Violoncello) und Kristian Bezuidenhout (Klavier), drei individuelle Musiker-Persönlichkeiten, die aber ihr musikalischer Hintergrund hörbar eint.

Alle drei sind leidenschaftliche Kammermusiker - der Franzose Queyras etwa ist Mitbegründer von Tabea Zimmermanns Arcanto Quartett -, und alle drei setzen sich immer wieder mit der historisch informierten Musizierpraxis auseinander. Das blieb auch am Mittwochabend nicht verborgen.

Das Trio setzte nicht auf den großen romantischen Ton, sondern spielte klar, transparent und akzentuiert. Spannend dabei war zu beobachten, wie die drei Musiker interagierten, man wohnte als Zuhörer einem feinsinnigen Gespräch bei, erlebte, wie das Spiel von Jean-Guihen Queyras und Isabelle Faust zusammenfand, zur Einheit wurde, bevor auch der vor allem als Hammerklavier-Spezialist bekannte Kristian Bezuidenhout sich dazugesellte.

Nézet-Séguin konnte sich da ganz entspannt zurücklehnen, achtete freilich darauf, dass sein Orchester ebenso fein artikuliert. Selbst das leicht rustikale "Rondo alla Polacca" wirkte an diesem Abend überaus nobel.

Strauss' Episoden aus dem Leben eines Helden wurden im Anschluss nach der Pause zum Ereignis. Man hört diese grandiose Musik vielleicht am besten, ohne viel darüber nachzudenken, dass es sich hier um ein in Töne gegossenes Selbstporträt des damals 34-jährigen Komponisten handelt.

Nicht ohne Hintersinn eröffnet er es in der Tonart von Beethovens "Eroica" und spielt auch sonst mit Bezügen zu diesem Werk. Nézet-Séguin entfachte mit temperamentvollen und präzisen Gesten beim Rotterdams Philharmonisch Orkest eine Leidenschaft, die sich sowohl in dem satten Streicherklang des Anfangs als auch in den Schlagwerk- und Bläserattacken der Walhall-Episode äußerte, die mit solcher Wucht kam, als gelte es, Schostakowitschs "Leningrader" Sinfonie in den Schatten zu stellen. Die Holzbläser zeichneten die Widersacher des Helden als herrlich plappernde Karikaturen.

Aber der Held hat natürlich auch eine "Gefährtin", wie gleich der dritte Satz der sinfonischen Dichtung überschrieben ist. Im wirklichen Leben hieß sie Pauline de Ahna und war seine Frau, die auch eine fabelhafte Sängerin war. An diesem Abend trat sie in Gestalt der Konzertmeisterin Marieke Blankestijn ins Rampenlicht, die das ausgedehnte, virtuose Solo mit großer emotionaler Geste spielte.

Nach der packenden Darstellung des Heldenlebens stand das Publikum in der fast ausverkauften Beethovenhalle auf, um seiner Begeisterung Ausdruck zu verleihen.

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