Theater Bonn Drei Schwestern erzählen von sich selbst

BONN · Eigentlich ist es ganz einfach: In "There is no orchestra" geht es um drei Schwestern, um ihre Wünsche, Träume, Bedürfnisse und Probleme, um Selbstbestimmung, Liebe, Arbeit, die großen privaten Themen eben.

 Geschwister (von links): Elisabeth, Christina und Theresa Schelhas

Geschwister (von links): Elisabeth, Christina und Theresa Schelhas

Foto: Thomas Kölsch

Doch ganz zufrieden sind Christina, Elisabeth und Theresa Schelhas nicht mit dieser Charakterisierung ihres Projekts, das am kommenden Freitag um 11 Uhr in der Werkstatt des Theaters Bonn aufgeführt wird.

Kein Wunder, klingt diese Auflistung doch abstrakt und plakativ, ignoriert die persönliche Komponente. Denn die Schauspielerinnen sind zugleich ihre eigenen Hauptfiguren, verwischen also Rolle und Realität und stellen ihr Beziehungsgeflecht in den Mittelpunkt. "Es ist eine sehr intime Auseinandersetzung mit uns selbst", sagt Christina denn auch.

Jede der drei Schwestern hat ihren eigenen Akt: Elisabeth, die Erstgeborene; Christina, das früher oft im Schatten der anderen stehende "Sandwichkind"; Theresa, das Nesthäkchen mit dem Down-Syndrom. Wobei Letzteres laut den Schelhas-Schwestern zwar immer wieder offen angesprochen, aber nie problematisiert wird.

"Wenn wir Theresa anschauen, sehen wir zuerst unsere Schwester und erst danach die junge Frau mit einer Behinderung", sagt Elisabeth. Die ohnehin inzwischen als Hauswirtschaftshilfe der Cafeteria der Freien Waldorfschule Sankt Augustin fest verankert ist, bodenständig, ziemlich gut wissend, was sie will. Und was nicht. "Natürlich hatten wir immer im Hinterkopf, dass wir Theresa nicht benutzen wollten", erinnert sich Christina.

Aber diese Sorge scheint inzwischen, nach etwa 15 Aufführungen in den vergangenen zwei Jahren quer durch die Republik, verflogen zu sein. "Sie hat zum Beispiel auf einem eigenen Lied bestanden, weil ihr das so einen Spaß gemacht hat", erzählt Christina. Oder sich mit einer Szene einverstanden erklärt, in der es um den eigenen Körper und die Sexualität geht.

"Die ist gar nicht so einfach", gesteht Theresa. Und lacht ungezwungen. Großen Spaß mache es ihr, sagt sie, die von den anderen liebevoll als Rampensau bezeichnet wird. Theater mit ihren Schwestern? "Das ist nicht schlimm, aber lustig."

Entstanden ist "There is no Orchestra" während Christinas Studium der Regie in Ludwigsburg. Sie sollte zu ihrer Familie ein Stück entwickeln, lehnte sich dazu an Anton Tschechows "Drei Schwestern" an und suchte zugleich einen experimentelleren Ansatz. Selbst reflektierend sowohl in Form als auch in Inhalt, mit multimedialen Elementen, autobiografisch und zugleich in Teilen fiktiv. Dennoch geben die drei Schwestern viel von sich und ihrem Leben preis.

"Wir haben unsere Idee auch in der Familie besprochen und diese Gespräche aufgezeichnet", erklärt Elisabeth, "diese Tondokumente tauchen auch im Stück auf." Ebenso wie so mancher Streit zwischen den Schelhas-Schwestern. "Eine derartige Szene ist mir am Anfang wirklich sehr nah gegangen", sagt Christina. "Aber mittlerweile hat sich das alles gegeben." Katharsis durch das Theater eben. Zumal der Zusammenhalt der drei Schwestern ohnehin außer Frage steht.

"Es gibt ein Gedicht über mich in dem Stück, das ist toll", sagt Theresa. Ein paar Zeilen, die letztlich alles zusammenfassen. "Ohne dich wäre ich das Nesthäkchen. Ohne dich hätte ich mehr Aufmerksamkeit von meinem Vater bekommen. Ohne dich hätte ich nicht so viel gelacht. Ohne dich wäre ich nicht so wütend auf die Welt. Ohne dich kann ich mir nicht vorstellen."

Aufführungen: Fr., 23. Mai, 11 Uhr, Sa., 24. Mai, 20 Uhr, in der Theater-Werkstatt. Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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