Der Pianist Fabian Müller ist Residenzkünstler in Bonn Ein Bonner Jahr mit vielen Plänen

Bonn · Das Beethovenfest macht den Pianisten zum Residenzkünstler. Zuvor aber ist er Solist beim Beethoven Orchester. Und auch für das GA-Weihnachtslicht engagiert sich der vielseitige Künstler.

Weltklassepianist aus Bonn: Fabian Müller am Klavier.

Weltklassepianist aus Bonn: Fabian Müller am Klavier.

Foto: Fadi Kheir/Siemens AG/Fadi Kheir

Die hervorstechendste Gemeinsamkeit des Bonners Fabian Müller und des Bonners Ludwig van Beethoven ist die Leidenschaft fürs Klavier. Beethoven allerdings musste seine Pianistenkarriere wegen seines nachlassendes Gehörs schon frühzeitig aufgeben. Da ist es schon etwas Besonderes, wenn Müller an diesem Samstag in der gemeinsamen Heimatstadt das Stück spielt, mit dem Beethoven sich in Wien am 22. Dezember des Jahres 1808 als Pianist verabschiedete: das Klavierkonzert Nr. 4 in G-Dur. Es sei das poetischste der fünf Klavierkonzerte Beethovens, sagt Müller, der es zusammen mit dem Beethoven Orchester in der Reihe „Pur“ im Telekom-Zentrum aufführt. Am Pult steht Dirk Kaftan, der Müller im Vorfeld als „echten Bonner Künstlerfreund“ bezeichnete, der zugleich als „Weltklassepianist“ auf den „großen Bühnen der Welt zu Hause“ sei. Für Müller selbst ist der Abend „wie ein Heimspiel im Fußball. Da will man auch gewinnen“.

Der längst ausverkaufte „Pur“-Abend mit dem Beethoven Orchester ist der Auftakt zu einer ganzen Serie von weiteren Heimspielen, die für Müller in diesem Jahr noch folgen werden. Man sieht: In einem Punkt unterscheiden sich Müller und Beethoven dann doch. Während Beethoven mit 22 Jahren Bonn verließ und sein Glück in Wien suchte, sieht Müller auch mit 32 Jahren noch keinen Grund, seiner Heimatstadt den Rücken zu kehren. „Ich fühle mich als Rheinländer“, sagt er. „Das ist eine Mentalität, die ich auch als Musiker habe. Ich passe nicht so gut nach Berlin. Ich brauche dieses Zwischenmenschliche, dieses Lebendige.“

Nur ein kurzer Ausflug nach Köln

Tatsächlich wohnt Müller nach einem kurzen Ausflug in die Nachbarstadt Köln mit seiner Jugendliebe und heutigen Frau Nadja und der gemeinsamen Tochter Pia derzeit wieder in Bonn. „Es ist wunderschön, unterwegs zu sein“, sagt Müller, „und ich bin auch viel unterwegs. Aber es ist auch toll, den Ort, den man Zuhause nennt, musikalisch prägen zu können.“

Dazu wird er vor allem beim kommenden Beethovenfest im September ausführlich Gelegenheit haben. Beethovenfest-Intendant Steven Walter hat ihn eingeladen, als „Artist in Residence“ einige spannende Konzertprojekte zu gestalten. Das Festivalprogramm ist zwar noch nicht publiziert, aber so viel verrät Müller dann doch: Gleich am Eröffnungswochenende wird er als Solist am Klavier mit dem Tonhalle-Orchester Zürich unter der Leitung von Paavo Järvi auftreten. „Und dann mache ich einen Stadtteiltag in Endenich – in meinem Wohnzimmer, wie man so sagt. Da mache ich dann einen Tag lang so eine Art Minifestival.“ Die ungewöhnliche Idee, in der Rolle des Residenzkünstlers zugleich als Solist mit einem internationalem Spitzenorchester zu glänzen und dann mit ebenso viel Herzblut in die Stadtteilkultur einzutauchen, geht natürlich dann besonders schön auf, wenn man dort aufgewachsen ist. „Man will ja als Künstler Musik teilen“, sagt Müller, „und dass ich das in meiner Heimatstadt machen kann, ist das Schönste für mich.“

Benefizkonzert im Kammermusiksaal

Vor dem Festival kann das Bonner Publikum ihn noch bei einem Benefizkonzert erleben, das er am 15. April, 18 Uhr, im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses für das GA-Weihnachtslicht geben wird. Auch das Programm dieses Konzertes hat in gewisser Weise mit Fabian Müllers Kindheit und Jugend in Bonn zu tun. Spielen wird er den ersten Band von Johann Sebastian Bachs „Wohltemperiertem Klavier“, Musik, die in der Familie Müller eine Art Lebenselixier war. Aufgewachsen in der Pfarrerfamilie der evangelischen Trinitatisgemeinde in Endenich, war die Musik Bachs eigentlich immer präsent. Müller hat sie dabei als etwas „sehr Nahes, Menschliches“ erlebt. Was die Präludien und Fugen des Wohltemperierten Klaviers mit einbezieht. Müller: „Bachs Musik ist nie Show. Man kann in ihr einfach das Leben erleben. Es hat etwas unglaublich Beglückendes, weil es alle Facetten des menschlichen Lebens darstellt. Wenn man sie gespielt hat, fühlt man sich, als hätte man alles erlebt und hätte ganz viel Kraft. Es ist keine Musik, die einem die Kraft nimmt.“

Obwohl sein früherer Lehrer an der Kölner Musikhochschule, der renommierte französische Pianist Pierre-Laurent Aimard, ein anerkannter Bach-Interpret ist, will Müller keineswegs dessen Stil kopieren. „Ich habe viel von ihm gelernt, spiele aber sehr anders als er.“ Er sei sehr froh, in einer Zeit zu leben, in der sich eine übertriebene romantische Auffassung ebenso überlebt habe wie ihr Gegenteil, das in der Frühzeit der historischen Aufführungspraxis oft zu maschinenhafter Gleichförmigkeit geführt habe. „Ich sehe es nicht ein, kein Pedal zu nehmen. Ein modernes Instrument ohne Pedal klingt für mich einfach öde. Und das ist das genaue Gegenteil dessen, was barocke Musik darstellen will. Ich will Bach spielen mit viel Mut. Es soll ein Wagnis werden – wie ein Sprung vom Fünfmeterbrett.“

Musikprofessor am Standort Wuppertal

Mittlerweile ist Müller selbst Professor an der Kölner Musikhochschule, wo er am Standort Wuppertal unterrichtet. Zum Jahreswechsel haben sich der junge Professor und sein Lehrer zu einem gemeinsamen Klavierabend in der Kölner Philharmonie verabredet. Eine Begegnung, die musikalisch spannend zu werden verspricht.

Zwar werden die Auftritte in Bonn nach dem Jahreswechsel wohl etwas seltener ausfallen. Aber mit einem sehr besonderen Projekt lässt sich Müller 2024 doch wieder in Bonn hören. Dann nämlich wird er sein eigenes Orchester in der Beethovenstadt vorstellen. „Ich dirigiere ja sehr gerne“, erzählt er, „und habe habe ein paar gute Freunde gefragt, ob sie nicht Lust hätten, in einem Orchester mitzumachen. Zu meiner Überraschung haben sie alle ja gesagt.“ Eine Erfolgsgarantie gibt es für das Projekt nicht. Müller: „Aber das sind in der Kunst oft die spannendsten Momente. Denn in dieser Spannung, wenn man zum nächsten Schritt ansetzt und noch nicht weiß, wo der Fuß landet, da entsteht eine unglaubliche Energie.“

Der Bonner Termin steht noch nicht fest. Ein Trost: Am 10. August gastieren Müller und sein Orchester in Wiesbaden beim Rheingau-Festival mit einem Mozart-Programm. Der Weg dorthin ist ja nicht wirklich weit. Der Name des Ensembles lautet übrigens Trinity Sinfonia. Eine Reverenz an die Endenicher Trinitatiskirche, wo sein Vater viele Jahr Pfarrer war.

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