Kreuzfahrt mit dem GOP-Varieté-Theater Ein Cocktail mit Elvis

Bonn · Im September eröffnet im Bonner Regierungsviertel eine neue Kulturbühne. Das GOP Varieté betreibt bereits in sechs deutschen Städten eigene Häuser, einige Künstlergruppen sorgen regelmäßig auch auf hoher See für Unterhaltung. BOULEVARD blickte bei einer Kreuzfahrt hinter die Kulissen der Produktion „Rockabilly“

 GOP-Theater auf Kreuzfahrt: In der Show „Rockabilly“ schlüpft Tode Banjanski in die Rolle von Elvis Presley.

GOP-Theater auf Kreuzfahrt: In der Show „Rockabilly“ schlüpft Tode Banjanski in die Rolle von Elvis Presley.

Foto: Martin Wein

Neckisch lugt der Matrose durchs Fernrohr auf Deck 15, ob sich nicht ein Wal in der Nähe aufhält. Nein, auch kein Problem. Entspannt greift sich der muskulöse Mann den rechten Fuß, zieht ihn samt Bein grazil hinter dem Rücken in die Höhe und hält ihn neben dem Kopf. Erst als ein zweiter Mann mit breiten Koteletten, weißen Schlaghosen und offenem Hemd mit zwei Cocktailgläsern die Treppe zum höchsten Deck der „Mein Schiff 4“ hinaufsteigt, bringt der Kontorsionist im Seemannskostüm seine Gliedmaßen vorsichtig wieder in die gewohnte Ordnung. Einen Cocktail mit Elvis Presley oder wenigstens einem seiner Doppelgänger lässt man sich schließlich nicht entgehen.

Auf dem jüngsten Flottenzuwachs von Tui Cruises wird den bis zu 2500 Passagieren ohnehin schon viel Abwechslung geboten. Ein 25-Meter-Pool lockt zum Schwimmen. Im Spa warten Sauna, Massagen und Fitnessraum. Es gibt elf Restaurants und 13 Bars. Abends geht man ins Casino oder in die Disco, bummelt durch die Ladenpassage oder lässt sich im Kammermusiksaal oder im großen Bordtheater mit 1000 Plätzen und formidabler Bühnentechnik unterhalten. Hinzu kommen Landgänge mit Busrundfahrten, Wanderungen, Radtouren, Tauchgängen oder Golfplatzbesuch.

Wer auf seiner Schiffsreise etwas Besonderes erleben möchte, der sticht allerdings zu einer Themenkreuzfahrt in See. So lädt Tui Cruises die Heavy-Metal-Fans zur lautstarken „Wacken-Kreuzfahrt“ ein. Seit sechs Jahren kommt jedes Frühjahr auch ein Ensemble des Georgspalast-Varietés (kurz GOP) an Bord eines Tui-Kreuzers. Das Unternehmen der Hannoveraner Familie Grote betreibt an Land mittlerweile Häuser an sechs Standorten und schickt sich an, im September auch ein Varieté-Theater im Bonner Bundesviertel zu eröffnen.

Die künftige Bonner Direktorin Julia Feirer ist in diesem Winter mit dem „Rockabilly“-Ensemble des GOP auf den Kanarischen Inseln in See gestochen. Zwischen La Palma, Teneriffa, Fuerteventura und Madeira zeigen zehn Artisten und Entertainer ihr Können. Und das nicht nur in zwei umjubelten Shows auf der Showbühne. Auch auf den Decks und in den Bars sind sie immer wieder zu finden. Nach seinen Verrenkungen etwa zeigt der Berliner Philipp Klumpp dem Elvis-Double Tode Banjanski, wie er mit kräftigen Hüftschwüngen seine fünf silbernen Hula-Hoop-Reifen zum Kreisen bringt.

Ein Deck tiefer in der Sportarena können Passagiere von Valentino Bihorac lernen, wie man mit zwei Bällen jongliert. Die meisten haben nach 15 bis 20 Minuten den Dreh raus und schaffen es zumindest ein paar Mal. Unten in der Tui Bar stapeln dagegen Dennis Schleußner und sein Sohn Pablo Plastikbecher in so atemberaubendem Tempo zu eindrucksvollen Pyramiden und räumen sie wieder ab, dass selbst der erfahrene Barkeeper leuchtende Augen bekommt. Schleußner ist achtfacher deutscher Yo-Yo-Meister und legt auch im „Cupstacking“ regelmäßig Bestzeiten hin. Und sein neunjähriger Filius steht ihm in nichts nach.

Erst auf der großen Bühne laufen dagegen Thomas Nigl und Marco Pfriemer mit ihrer Musik-Zauber-Blödel-Comedy zu voller Fahrt auf. Gespannt wie kleine Kinder vor Heiligabend fiebern die beiden Moderatoren und Regisseure der Show dem ersten großen Abendprogramm entgegen. Das Theater ist randvoll besetzt, als sie mit ihrem „Rockabilly“-Song das Programm eröffnen. Die Herren haben reichlich Übergepäck mit Requisiten an Bord geschafft. Am zweiten Abend thronen sie schließlich auf überlangen Überseekoffern und bringen ihre Alphörner im Leopardenfell-Look zum Klingen. Das Publikum hält den Atem an, denn just in diesem Moment fängt die Mein Schiff 4 leicht an zu rollen und bringt die Künstler zusätzlich in Bewegung.

Umso mehr Begeisterung kommt auf, als Toni Farello und Frau Schmidt alias Ralf Lindner und Jaqueline Marschan auf ihren Einrädern unbekümmert über die schwankende Bühne pesen – fast wie einst Tim Roth als „1900“ auf seinem entfesselten Konzertflügel in Guiseppe Tornatores Filmmeisterwerk „Die Legende vom Ozeanpianisten“. Schließlich bringt Elvis-Double Tode Banjanski den Saal mit bekannten Rockabilly-Evergreens des „Kings“ zum Ausflippen – der 46-Jährige spielt die Rolle nach eigenem Bekunden inzwischen länger als das Original.

„Ich hatte den schon auf dem Flughafen in Hannover gesehen mit seinen großen Koteletten und seinen rosa Schuhen“, sagt eine füllige Dame. Jetzt werde ihr da einiges klarer. Wenn sie mag, könnte sie mit Elvis nach der Show noch einen Cocktail trinken, denn für eine ganze Woche an Bord mischt sich das Ensemble immer wieder mit den übrigen Passagieren. So wird zwar nicht die ganze Welt, aber doch das ganze Schiff zur Bühne. Und wer sich traut, der kann sich auf dem „Blauen Balkon“ sogar hoch über den Atlantikwellen auf durchsichtigem Glasboden in Szene setzen.

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