Ausstellung im Kunstmuseum Ein idealer Partner

Bonn · Das Kunstmuseum Bonn präsentiert unter dem Titel "Mentales Gelb. Sonnenhöchststand" erstmals die Bonner Sammlung KiCo in einem großen Zusammenhang

 Kunstdialog zwischen Werken von Isa Genzken (vorn) und Michel Majerus im zentralen Raum des Kunstmuseums.

Kunstdialog zwischen Werken von Isa Genzken (vorn) und Michel Majerus im zentralen Raum des Kunstmuseums.

Foto: Benjamin Westhoff

"Es muss uns anrühren und bewegen“, nennt der Bonner Sammler Hans-Gerd Riemer als Impuls für den Bilderkauf, für die Entscheidung, ein Kunstwerk in die von ihm und seiner Frau Doris Keller-Riemer seit Mitte der 1990er aufgebaute Sammlung aufzunehmen. Anrühren, bewegen – und beim ersten Kauf für die Sammlung kam, so Riemer, noch die Faszination für Jerry Zeniuks „Farbexplosion“ hinzu. Wer im ersten Raum der exzellenten Ausstellung „Mentales Gelb. Sonnenhöchststand. Die Sammlung KiCo“ im Kunstmuseum Bonn dieses gestische, wilde, überbordende, sich in der Tat in einer Rot-Blau-Gelb-Explosion manifestierende Großformat von Zeniuk sieht, daneben die immer noch aufgewühlten, aber zur Monochromie tendierenden Quadrate von Marcia Hafif betrachtet, wenige Schritte weiter mit Gerhard Richter und Karin Sander konzeptuelles Terrain betritt, schließlich bei Maria Lassnigs expressivem Selbstporträt mit Sanduhr sowie den bizarren Körperexperimenten Erwin Wurms landet – wer also diesen heterogenen Parcours abschreitet, wundert sich darüber, wie vielseitig, offen, neugierig dieses Sammlerpaar agierte und immer noch agiert.

Man spürt eine Kontinuität, eine Dynamik, in der sich diese außergewöhnliche Sammlung auf höchstem internationalen Niveau entwickelt – und zwar gleichermaßen mit großen Namen etwa von Isa Genzken über Wolfgang Tilmans, Gerhard Richter und Katharina Grosse wie mit sehr exemplarischen, hochkarätigen Arbeiten, die im Kunstmuseum einen spannenden Dialog führen. Der kann sehr körperlich-intensiv ablaufen wie zwischen Lassnig und Wurm oder hochpolitisch wie zwischen Thomas Demands konzeptueller Fotografie, die Themen von 9/11 aufgreift, und den kleinteiligen Collagen Marcel Odenbachs über Konrad Adenauers Rhöndorf und Erich Mielkes Stasizentrale in Ostberlin.

Seit den 1990er Jahren kooperiert das Sammlerpaar mit zwei führenden Häusern für Gegenwartskunst, dem Kunstmuseum Bonn und der Städtischen Galerie im Lenbachhaus München. Auch hier herrscht ein reger Dialog, denn die Riemers sind durchaus bereit, sich auf Bonner und Münchner Schwerpunkte einzulassen, bestehende Komplexe zu erweitern und auch Sammlungslücken zu füllen. „Es ist eine gute Fügung“, sagt der Sammler, „wir haben ein ähnliches Grundinteresse wie die Museen“. Und die feiern KiCo als Glücksfall, zumal in Zeiten, in denen städtische Ankaufsetats im Keller sind und auf dem Kunstmarkt nur noch winzige Sprünge drin sind. Punktuell sah man KiCo-Werke immer wieder in Bonner und Münchner Ausstellungen. Erstmals ist die Sammlung nun in einem großen Zusammenhang zu sehen, in einer grandiosen Doppelausstellung, parallel im Kunstmuseum und im Lenbachhaus.

Der Auftritt dieser mit insgesamt rund 1000 Werken bestückten rheinländischen Sammlung ist eine echte Entdeckung, was in erster Linie mit den in längeren Zeiträumen zusammengetragenen Künstlerräumen zu tun hat. Die Riemers sammeln keine Solitäre, sondern spüren den Entwicklungen „ihrer“ Künstler nach, erwerben Arbeiten aus verschiedenen Phasen: Eindrucksvoll lässt sich so etwa die wechselnde Malweise Katharina Grosses dokumentieren, wird die Methode des Documenta-14-Künstlers Daniel Knorr, Alltagsorte per Abformung zu verewigen, sichtbar. Phil Sims ist mit seinen monochromen „Bonn Paintings“ vertreten, Karin Sander mit ihren „Mailed Paintings“, früher einmal weiße Bilder, die sie etwa auf eine Reise von Bonn nach Berlin, Medellín, Siegen, Madrid, München und Wien schickte und mit allen Gebrauchs-, Transportspuren und Aufklebern ausstellt.

Dass auch Bonn traditionell mit Künstlerräumen arbeitet, lässt KiCo zu einem idealen Partner werden. Auch in anderer Hinsicht. Bonn hat mit Sammlern schon üble Geschichten erlebt. Mit KiCo sind solche Überraschungen prinzipiell ausgeschlossen. Denn die Werke gehen sukzessive in die 2009 gegründete KiCo Stiftung über, aus der sich in enger Absprache das Kunstmuseum und das Lenbachhaus bedienen können. Den Vorteil für die Häuser bringt Kunstmuseums-Intendant Stephan Berg auf drei Nenner: „Substanzmehrung für die Häuser, dynamische Entwicklung und Nachhaltigkeit durch langfristige Leihgaben.“ Eine Idealkonstruktion für Museen.

Auf die Frage nach möglichen Fehlkäufen antwortet Riemer so bescheiden wie souverän: Sicherlich gebe es Werke, die ihm nicht mehr so gefallen wie früher, aber „es gibt kein Werk, für das ich mich schäme“.

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