"Les Ballets Trockadero de Monte Carlo" Ein Käfig voller närrischer Ballerinas gastiert in Köln

KÖLN · Alles begann mit einer Lüge: "Ich habe einfach behauptet, ich sei schon 18", erzählt Chase Johnsey. "Denn ich wollte unbedingt dabei sein." Dabei sein - das heißt zu Les Ballets Trockadero de Monte Carlo gehören.

 Die "Trocks" tanzen gern Ballett-Klassiker.

Die "Trocks" tanzen gern Ballett-Klassiker.

Foto: Sascha Vaughan

Auch wenn der Name französisch klingt, die Truppe, die sich selbst kurz "Trocks" nennt, stammt aus New York. Nicht die einzige "Augenwischerei", denn hier wird zwar klassisches Repertoire getanzt, aber das ausschließlich von Männern. Eine Erfolgsgeschichte, die vor 40 Jahren in New York begann. Seitdem zieht die Truppe um die Welt - und gastiert nach zehn Jahren wieder im Rahmen des Kölner Sommerfestivals in der Philharmonie.

Chase ist mittlerweile seit zehn Jahre dabei - und kann sich nichts anderes vorstellen. "Ich war als Gast bei anderen Kompanien, aber das ist auf Dauer langweilig." Aber was treibt einen Mann dazu, sich auf Spitzenschuhen abzuquälen? "Ich hatte eine verrückte russische Ballettlehrerin, und um meine schmalen Fußknöchel zu stärken, ließ sie mich auf Spitze trainieren", erinnert sich Chase. Und mittlerweile fühle sich tanzen ohne Spitzenschuhe für ihn fast seltsam an.

Doch für Chase sind die Trocks auch die Chance für große Rollen: "Mit meinen 1,67 Meter bin ich zu klein für das reguläre Ballett." Und wenn man sich generell anschaut, was männliche Tänzer dort zu tun bekommen, wundert man sich nicht über die Entscheidung, sich eine Perücke aufzusetzen und ein Tutu anzuziehen.

Denn anstatt nur hin und wieder elegant über die Bühne zu springen und ansonsten der Primaballerina als Stütze zur Seite zu stehen, dürfen die Jungs bei den Trocks in den Ausdrucksformen des klassischen Balletts schwelgen. Hier darf jeder mal der Schwan sein, die grazile Sylphide geben, elfengleich die Arme gen Himmel richten. Und das können die Herren richtig gut, technisch brillant, mit dem richtigen Ausdruck, dem nötigen Gefühl. Nur ein Stein wird nicht weich, wenn Paul Ghiselin den sterbenden Schwan zur Musik von Camille Saint-Saëns gibt.

Doch eh es doch zu arg rührselig wird, finden die Trocks immer einen Weg, das Ganze komisch werden zu lassen. So verliert der sterbende Schwan die ganze Zeit über Federn aus seinem Tutu, bei jedem Schritt, jeder Drehung rieseln Federn, Federn, Federn.

Und egal, ob nun legendäre Choreographien von George Balanchine oder Marius Petipa neu interpretiert werden, ob zur Musik von Tschaikowsky, Chopin oder Bach getanzt wird - einen Grund für einen Spaß findet sich immer. Da wird die eitle Primaballerina an die Seite geschubst. Manches ist bewusst ungelenk, immer wieder wird sich gegenseitig angerempelt. Die Komik setzt eigentlich nur aus, wenn die Jungs auch als Jungs auf der Bühne sind und keiner von ihnen eine Frauenrolle tanzt.

Das sind natürlich Witze, wie man sie auch aus Travestie-Shows kennt, wo die Diven sich anzicken, wo Perücken verrutschen, wo mit den Geschlechterrollen kokettiert wird. Und auch bei den Trocks jauchzt das Publikum vor Vergnügen, egal ob sie nun Ballett-Experten sind oder einfach nur gut unterhalten werden wollen. "Es hat aber nichts mit einem Fetisch oder Sexualität zu tun, es ist alles ganz sauber", macht Chase klar.

So oder so - ziemlich schwul ist es dennoch. Ein Käfig voller närrischer Ballerinas sozusagen. "Wir dürfen beim Bewerbungsgespräch natürlich nicht nach der sexuellen Orientierung fragen", sagt Tory Dobrin, künstlerischer Leiter der Truppe und auch so etwas wie die Mutter der Kompanie.

"Aber wir sagen den Kandidaten immer, dass in der Truppe nur schwule Männer seien, ob das für sie ein Problem sei." War es bislang für keinen. "Wir hatten in den letzten 30 Jahren auch nur zwei heterosexuelle Tänzer, und einer der beiden wurde schwul - aber auch nur solange er bei uns war", plaudert Dobrin aus dem Nähkästchen.

Kölner Sommerfestival

Den Anfang beim 26. Kölner Sommerfestival in der Philharmonie machen die Schweizer "Mummenschanz", die vom 12. bis 14. Juli auftreten.

Vom 16. bis 28. Juli ist dann nach fünf Jahren Abstinenz noch einmal das Tango-Musical "Tanguera" zu sehen.

Die "Trocks" verzaubern Köln vom 30. Juli bis 4. August.

Die Show "Traces", die zum ersten Mal nach Köln kommt, ist vom 6. bis 11. August zu sehen.

Alle Termine unter www.koelnersommerfestival.de, Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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