Kammermusiksaal Ein Klang wie eine Skulptur

BONN · Am zweiten Abend ihres Beethoven-Violinsonaten-Zyklus im Kammermusiksaal haben Leonidas Kavakos und Enrico Pace auch die "Frühlingssonate" im Programm.

 Perfektes Zusammenspiel: Geiger Leonidas Kavakos mit Enrico Pace am Klavier.

Perfektes Zusammenspiel: Geiger Leonidas Kavakos mit Enrico Pace am Klavier.

Foto: Barbara Frommann

Die passt zwar nicht zur Jahreszeit, ist aber hervorragend geeignet, um die Musikalität des Ausnahmeduos darzustellen. Das perfekte Zusammenspiel des griechischen Geigers und des italienischen Pianisten zeugt von ihrer langjährigen Partnerschaft. Was möglich ist, wenn zwei Genies aufeinandertreffen und die Chemie zwischen ihnen stimmt, zeigt die F-Dur-Sonate: Kavakos versteht es wie kaum ein anderer, den Klang seines Instruments wie eine Skulptur zu gestalten. Auf den Haltetönen des langsamen Satzes lauscht er in die Geige hinein, lässt den Ton aufblühen, heller oder schattiger, schärfer oder weicher werden - das kommt dem Ausdrucksspektrum der menschlichen Stimme schon ganz nah.

Pace ist ein Meister des Multitasking: Er gestaltet den Klavierpart mit solistischer Bravour und hört doch immer hin, bleibt durchlässig für jede Nuance, mit der sein Partner Tempo und Stimmung variiert. So wird das Scherzo mit der rhythmisch hinterherhinkenden Violine zu einer feingezeichneten Karikatur; so gerät auch das Andante zwischen den beiden aufgewühlten Ecksätzen der a-Moll-Sonate op. 23 zu einem humoristischen Dialog, der die ironische Brechung des schlichten Themas betont.

Bevor Kavakos und Pace am Ende des in jeder Hinsicht inspirierenden Konzerts mit der großen G-Dur-Sonate op. 96 noch einmal Beethoven zelebrieren, machen sie einen Ausflug in die Neue Musik: Lera Auerbachs Präludium Nr. 24 d-Moll für Violine und Klavier ist mit seinen Kontrasten zwischen Presto-Stürmen und leisem Innehalten, zwischen Unterarm-Clustern in vierfachem Forte und träumerisch verklingenden, hohen Geigentönen ein sehr attraktives Stück Neue Musik. Vor allem, wenn es so brillant gespielt wird.

Man sollte sich (nicht nur beim Beethovenfest) zur Regel machen, vor jedem Konzert auf Mobiltelefone und auf Hörgeräte hinzuweisen, die auszuschalten beziehungsweise nicht-störend einzustellen sind. Ein hochfrequentes Zirpen zu Beginn des letzten Abends des Zyklus' mit Beethovens sämtlichen Violin-Sonaten irritierte Musiker und Publikum im noch einmal voll besetzten Kammermusiksaal gleichermaßen.

Leonidas Kavakos und Enrico Pace hatten sich nach den Sonaten D-Dur aus op. 12 und G-Dur aus op. 30 mit der 1803 in Wien uraufgeführten so genannten "Kreutzer-Sonate" op. 48 die wohl populärste Violin-Sonate Beethovens für den Schluss der Reihe aufgehoben. Seine Beliebtheit verdankt das Werk mit seiner ausdrucksstarken doppelstimmigen Reminiszenz an Bach gleich zu Beginn vermutlich den virtuosen Zügen, insbesondere auch im Andante-Satz, in dessen üppigen Variationen die Violine fast ein wenig exhibitionistisch daher kommt. Das Klavier bietet hier allerdings mittels Pedal durchaus Paroli. Auch beim finalen Presto, einer von Kavakos und Pace mit enormer Vitalität musizierten Tarantella, herrscht stimmlich nahezu Gleichberechtigung.

Flankiert wurden die Beethoven-Sonaten wiederum durch eines der 24 Präludien Lera Auerbachs, diesmal der Nr. 23, F-Dur, ein Andante mit Wiegenlied-Charakter, wobei sich die Violine in den obersten Lagen davon zu stehlen scheint. Während hier der Applaus zurückhaltend ausfiel, wurde den Interpreten am Ende stürmisch gedankt.

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