Theatergruppe "Lüfthildis Mysterienspiele" Ein Stück über Hildegard von Bingen

MECKENHEIM-LÜFTELBERG · "Das zehnte Kind ist Gott geweiht, weil es das zehnte ist, das war schon immer so." Mit diesen Worten erläutert Hanna Weiler in der Rolle der Mechthild von Vermersheim ihrer Kinderschar, dass ihre Schwester später im Kloster leben wird. "Hildegard von Bingen - Seherin Gottes" steht auf dem Spielplan der Theatergruppe "Lüfthildis Mysterienspiele". Die Proben in der Lüftelberger Pfarrkirche St. Petrus und St. Lüfthildis laufen auf Hochtouren, denn schon am 26. Mai ist Premiere.

 "Lüfthildis Mysterienspiele": Die junge (Anna Schütz)und die ältere Hildegard von Bingen (Dorothee Willers) mit den jungen Geschwistern.

"Lüfthildis Mysterienspiele": Die junge (Anna Schütz)und die ältere Hildegard von Bingen (Dorothee Willers) mit den jungen Geschwistern.

Foto: ROLAND KOHLS

Und bereits bei der ersten Szene wird klar, dass es der Laienschauspielgruppe an einem ganz gewiss nicht mangelt: an Nachwuchs. Gleich sechs junge Talente bevölkern den Altarraum, der als Bühne dient. Weil die jugendlichen Darsteller sich zwar durch Eifer, aber nicht durch Geduld auszeichnen und beschäftigt werden wollen, wird die "Kinderszene" zuerst geprobt. Textsicher absolvieren die Kleinen ihren Part - Regisseurin Monika Döhnert hat nichts auszusetzen.

Gleich zwei Hauptdarstellerinnen braucht es für die Titelrolle. Im ersten Akt spielt die 13-jährige Anna Schütz die Hildegard als Kind. Im zweiten Akt schlüpft Vereinsvorsitzende Dorothee Willers ins Nonnengewand der Erwachsenen. Geprobt wird bereits seit Anfang Februar, immer montags. Insgesamt mehr als 40 Darsteller wirken beim Stück mit. Neben Döhnert führt auch Willi-Josef Wild Regie. Die Lichttechnik ruht in den Händen von Günther Schwarte. Ihr Schauspiel-Debüt hat die Achtklässlerin Celia Hartmann als Jutta, die mit Hildegard zusammen ins Benediktiner-Kloster Disibodenberg gegeben wird.

Bedeutende Ausschnitte aus dem Leben der Hildegard von Bingen (1098-1179) zeigt das Mysterienspiel, schildert Visionen, die Hildegard schon als Kind hatte, und zeigt die Erwachsene als Kräuterkundige, Heilerin, Wundertätige und Ratgeberin, präsentiert aber auch ihre rebellische Seite. "Man muss dem Schöpfer mehr gehorchen als den Menschen", lässt Autor Kurt Faßbender seine Hildegard sagen.

Uraufgeführt wurde das Mysterienspiel 1991. Im vergangenen Jahr erhielt das Thema neue Aktualität, denn erst im Mai 2012 wurde Hildegard von Bingen offiziell ins Verzeichnis der Heiligen aufgenommen und im Oktober sogar von Papst Benedikt zur Kirchenlehrerin erhoben. Hildegard-Medizin ist längst in aller Munde und auch die Musik, die Hildegard von Bingen komponierte, 77 Lieder, Antiphonen und Hymnen, wurden von der Plattenindustrie in jüngster Zeit entdeckt und aufgelegt. Grund genug für den Lüftelberger Theaterverein, das Hildegard-Stück im Rahmen seiner diesjährigen Festspielwoche zu zeigen, die immer zum Oktavfest der Heiligen Lüfthildis, der Schutzpatronin des Ortes, stattfindet.

Auch zahlreiche Gastspiele haben die Schauspieler schon gegeben, so beim Kirchentag in Berlin 2003 oder Anfang dieses Jahres auf Einladung der Gemeinde Kesseling-Staffel im Kreis Ahrweiler in der dortigen Lüfthildis-Kapelle. Autor Kurt Faßbender hat die Mysterienspiel-Gruppe 1981 gegründet und knüpfte damit an die Wallfahrtstradition Lüftelbergs an. Insgesamt etwa 250 Mitglieder zählt der Verein heute - darunter mehr als 40 aktive Laienschauspieler. Die Stücke entstammen alle der Feder Faßbenders und befassen sich neben den Lebensgeschichten von Heiligen wie "Lüfthildis" oder "Elisabeth von Thüringen" auch mit historisch-regionalen Themen wie "Hexenrath auf Lüftelberg" oder "Johann Adam Schall von Bell".

Für seine Verdienste um das heimische Kulturgut wurde der 73 Jahre alte ehemalige Lehrer Faßbender im Jahr 2000 mit der Ehrennadel der Stadt Meckenheim, 2005 mit dem Bundesverdienstkreuz und 2012 mit dem Rheinlandtaler des Landschaftsverbandes ausgezeichnet.

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