Bonn University Shakespeare Company Ein unmoralisches Angebot

Bonn · Schauspieler verlegen "Measure for Measure" in den Wilden Westen. Am Mittwoch Premiere

 Eine Szene aus dem neuen Stück der Bonn University Shakespeare Company.

Eine Szene aus dem neuen Stück der Bonn University Shakespeare Company.

Foto: Thomas Kösch

Nein, zu einem Pistolen-Duell um 12 Uhr Mittags kommt es nicht. Auch nicht zu einer wilden Massenschlägerei, bei der ein bärtiger, ungewaschener Brummbär und sein schlaksiger Bruder mehrere Dutzend Raufbolde aufmischen. Dennoch funktioniert die Western-Version von "Measure for Measure", mit der die Bonn University Shakespeare Company (BUSC) die Komödie des Barden von Avon entstaubt, erstaunlich gut.

Ein unschuldig Verurteilter, eine hübsche Dame in Not, ein skrupelloser Mistkerl mit zu viel Einfluss und ein schlauer Gesetzeshüter, der den anderen immer einen Schritt voraus ist - mit diesen und anderen Gestalten ist die Geschichte in Vienna Gulch ebenso gut, ja fast noch besser, aufgehoben als im elitären Wien. Im Mittelpunkt der Handlung steht Tom Angelo (Johannes Neubert), der zunächst nur ein wenig übereifrig wirkt.

Doch der junge Deputy genießt die Macht, die ihm Sheriff "The Duke" Vincent (Hendrik Wevers) übertragen hat, kostet sie aus - und übertreibt es. Claudio (Matin Sediqi), der seine Verlobte noch vor der Hochzeit schwängerte, soll für seine Verfehlung hängen. Als dann dessen Schwester Isabella (Kristina de Giorgi) Tom um Gnade bittet, macht der ihr ein unmoralisches Angebot: Ihre Jungfräulichkeit für das Leben Claudios. Schockierend für die angehende Nonne.

link]Die BUSC, seit nunmehr 20 Jahren ein fester Bestandteil der Bonner Kulturszene, schöpft bei der diesjährigen Winterproduktion aus dem Vollen. Viele langjährige Mitglieder stehen bei der Inszenierung auf der Bühne. Laut dem Künstlerischen Leiter Chris Karpenchuk gehört das Stück zu den aufwendigsten Projekten, das die BUSC jemals realisiert hat. "Wir arbeiten erstmalig mit großen Klapp-Elementen, um die Ortswechsel zu zeigen", erklärt Karpenchuk. "Dabei setzen wir bewusst auf eine billig wirkende Optik und für das Publikum sichtbare Umbauten - schließlich soll die Western-Szenerie von einem Augenzwinkern begleitet werden."

Ähnlich agieren die Schauspieler, die bei den Proben sichtlich Spaß daran hatten, ihren Figuren, soweit die Konzeption dies gestattet, durch Gestik und Mimik einen leicht übertriebenen, bewusst klischeebehafteten Ausdruck zu verleihen. So ist etwa der Lebemann Luke (Christian Tröger), ein treuer Freund Claudios, in der BUSC-Produktion ein liebenswerter Trunkenbold, während Henker Abe (Gregor Pallast) den Mysterien seines Berufs in Frankenstein'scher Manier nachgeht. Typisch Spaghetti-Western eben. Regisseur Karpenchuk ist auf jeden Fall zufrieden. Insofern scheint alles bereit zum Showdown: Die Premiere ist am 16. Januar.

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