Feridun Zaimoglu in der Buchhandlung Böttger Ein Viertel mit sieben Türmen
Bonn · Heureka! Alfred Böttgers Buchhandlung ist wahrlich ein inspirierender Ort, auch für bedeutende zeitgenössische Autoren. Feridun Zaimoglu wartet im Untergeschoss auf den Beginn seiner Lesung, zwischen Bücherregalen und Werken der Illustratorin Kat Menschik, während eine Etage höher mehr und mehr Zuhörer hineinströmen.
Es ist genau acht Minuten vor 20 Uhr, als sich plötzlich eine Schreibblockade in Zaimoglus Kopf auflöst. Der Schriftsteller, Drehbuchautor und Journalist hat endlich eine zündende Idee für den Anfang seines neuen Romans, der sich mit Martin Luther beschäftigen wird und in ungefähr zwei Jahren erscheinen soll.
Doch zunächst stellt der 1964 in Anatolien geborene und seit rund 45 Jahren in Deutschland lebende Erzähler seine aktuelle Familiensaga "Siebentürmeviertel" vor. Der märchenhaft anmutende Titel bezeichnet einen der schillerndsten Stadtteile Istanbuls mit zahlreichen Ethnien und Religionen auf engem Raum.
"Das Siebentürmeviertel ist ein verschanzter Ort; Touristen verirren sich nur selten dorthin", erklärt Zaimoglu. In jene Welt für sich verschlägt es einen Jungen namens Wolf, der 1939 mit seinem Vater aus dem Deutschen Reich vor der Gestapo geflohen ist. Und in Istanbul in der Familie Abdullah Beys unterkommt, eines früheren Arbeitskollegen seines Vaters.
Dann ist Wolfs Vater unter dramatischen Umständen gezwungen, die Stadt zu verlassen - und der Sohn muss nicht nur lernen, sich in dem Viertel zu behaupten. Er muss auch erkennen, welche Rolle Abdullah Bey wirklich spielt. Zaimoglu sieht seinen faszinierenden, geradezu betörenden Entwicklungsroman in der deutschen Tradition der Romantik und des magischen Realismus - "und natürlich geht es auch um das verschwundene Istanbul".
Feridun Zaimoglu: Siebentürmeviertel. Kiepenheuer & Witsch, 800 Seiten, gebunden; 24,99 Euro
