Premiere von Evita in der Bonner Oper Eine Frau will nach oben
Bonn · Mitreißend: Andrew Lloyd Webbers Musical „Evita“ in der Bonner Oper. Herrin der Illusionen ist Bettina Mönch, die knapp zwanzig Jahre aus dem Leben der Eva Duarte Perón grandios durchmisst.
Am Ende geht sie ganz leise. Schreitet, während Juan Perón und seine Generäle noch trauernd an ihrem Sterbebett knien, ein letztes Mal die Treppe hinauf und verschwindet hinter der Tür, an der sie auf ihrem Weg zur Macht so viele nützliche Liebhaber empfangen hat. Die leise Schlussszene von „Evita“ in der Bonner Oper ist auch deswegen bemerkenswert, weil das für ein Musical eher düstere Stück über weite Strecken so laut vorüberrauscht, als wolle es sich selbst übertönen.
Das ist jedoch gar nicht nötig. Regisseur Gil Mehmert gelingt mit seiner Version der „Evita“-Originalproduktion eine mitreißende Inszenierung, die auch musikalisch überzeugt: Im Bühnenhintergrund spielen die Pianisten, Schlagzeuger, Gitarristen und Bläser unter der Leitung von Jürgen Grimm fabelhaft auf – nur eben so verstärkt, dass auch die Sänger gelegentlich forcieren müssen, um nicht unterzugehen. Immerhin werden auf diese Weise die klanglichen und rhythmischen Härten der Musik von Andrew Lloyd Webber schonungslos ausgeleuchtet, bevor es wieder gefällig wird und der mit klassischen Mustern imprägnierte Schönklang das Publikum in Bonn und Buenos Aires weiter zur nächsten Illusion trägt.
Herrin der Illusionen ist Bettina Mönch, die knapp zwanzig Jahre aus dem Leben der Eva Duarte Perón grandios durchmisst. Sie ist das ehrgeizige junge Mädchen, das um jeden Preis nach oben will, sie ist die ätherische Schönheit in Glitzerrobe, die mit ausgebreiteten Armen ihr „Wein' nicht um mich, Argentinien“ unters Volk bringt, und sie ist, vielleicht am überzeugendsten, die immer noch tadellos frisierte und geschminkte, aber bereits vom Tode gezeichnete Ikone.
Auch stimmlich schaltet Mönch mühelos um, lässt hinter dem lyrisch-sentimentalen Timbre bei Bedarf stählernen Glanz aufblitzen. An ihrer Seite agiert Perón Mark Weigel nicht nur als von der Schönheit und politischen Cleverness seiner Frau abhängige Pantoffelheld, sondern auch als zynischer Opportunist, der im Machtpoker der Generäle den Sieg davonträgt und nicht zögert, Evita für seine Ziele zu instrumentalisieren.
Der Mann des Abends heißt jedoch Ché: David Jakobs gibt den späteren Revolutionshelden, der Evas Geschichte erzählt und ironisch kommentiert, mit so viel Präsenz, Ausstrahlung und Stimme, dass ihm alle Herzen zufliegen.
Aber auch Eva Löser als Peróns abgelegte Geliebte und Johannes Mertes in der Rolle des Tangosängers Magaldi haben sich ihre Bravi redlich verdient. Dank des tollen Ensembles flutscht alles andere: Mehmert und seine Choreografin Kati Farkas binden Gruppentanz und intime Szenen ohne Reibungs- und Tempoverlust aneinander. Chor, Kinder- und Jugendchor des Theater Bonn sind in die Dynamik der Inszenierung geschickt einbezogen und liefern eine tolle Vorstellung ab – egal, ob sie als einfaches Volk Evita zujubeln oder sich mit zierlich gehaltenen Teetassen in satirisch überzeichnete Vertreter der argentinischen High Society verwandeln.
Bühne und Ausstattung sind sehenswert und tunen die ohnehin rasante Inszenierung mit plakativen Effekten. Das Premierenpublikum war begeistert.
Die nächsten Vorstellungen: 8. und 24. September, 3., 14. und 29. Oktober. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen und unter bonnticket.de.