Jazzfest Bonn Einfach nur cool

BONN · So unterschiedlich waren die beiden Trios eigentlich nicht, die am Donnerstagabend in der lange ausverkauften Lounge des Post Towers das Jazzfest Bonn eröffneten.

 Flüssig, locker, prägnant: Pat Martino ist ein Zauberer an den sechs Saiten.

Flüssig, locker, prägnant: Pat Martino ist ein Zauberer an den sechs Saiten.

Foto: Jazzfest

Auf den ersten Blick wirkt Pat Martinos komplexer Jazz unnahbarer, Ulita Knaus mit einem sehr persönlichen Konzert emotionaler. Entscheidend ist aber der Zauber des Augenblicks. Und den gab es bei beiden Künstlern.

Tadellos gekleidet ist er. Der 70-jährige Jazzgitarrist, der mit der nonchalanten Eleganz eines Broadway-Tänzers über die Saiten fliegt, könnte als Aufsichtsrat in jedem großen Unternehmen durchgehen. Pat Martino ist aber im Herzen sicherlich um Dimensionen cooler. Hin und wieder wirft er seinen Mitspielern einen kurzen Blick zu und setzt sein brillantes Spiel fort. Der Mann ist einfach eins mit seinem Instrument.

Während Pat Bianchi neben ihm seine Hammond mit der Hingabe eines Gospel-Organisten spielt, die Augen geschlossen, fast meditativ trockene, irre Improvisationen aus den Tasten zaubert, bleibt Martino augenscheinlich völlig reserviert. Was denkt er? Martino denkt kurz nach. "Gar nichts", sagt er dann mit seiner leicht rauchigen Stimme. "Vielleicht ist es so was wie ein physischer Prozess, wenn wir miteinander spielen. Es geht nur ums Zusammenspiel. Aktion, Reaktion. Es geht um die Musik. Sonst nichts", sagt er nach dem Konzert.

Dieser runde Ton und die parallel gespielten Oktaven tragen die Handschrift eines Wes Montgomery und sind längst Teil des unverkennbar edlen Martino-Stils, so wie seine blitzschnellen, perfekt ausgeführten Single-Note-Läufe. Bei der Montgomery-Komposition "Full House" beweist das Trio sein traumwandlerisch sicheres Zusammenspiel. Bemerkenswert, wie es Tonplastiken aufbaut, sicher trennt und auf fast artistische Weise weiter eigene Impulse setzt: ein Abend für die Annalen.

Ulita Knaus bot einen geradezu intimen Konzertabend. Zu jedem Stück gab es ein Bekenntnis - zur Liebe, zu Sehnsüchten, zur Einsamkeit. Ulita Knaus ist eine Sängerin, die eine fast erschreckend sichere Kontrolle über ihr Instrument hat. Wer ihre Alben kennt, die durchaus kühler produziert sind, als sie sie live wiedergibt, hält an so manchen leisen Passagen instinktiv den Atem an. "Live und Studio sind für mich völlig unterschiedliche Dinge. Hier spüre ich die Energie des Publikums", sagt sie später. Es waren berührende Momente, wenn sie von dem bulgarischen Akkordeon-Spieler an der Straßenecke erzählte, dem sie einen Song widmete, oder von ihrer Fernbeziehung und Einsamkeit ("Window Facing West").

Wunderbar: ihr Duett mit dem Bodypercussionisten Tupac Mantilla. Knaus ist mehr als eine Grenzgängerin zwischen Singer/Songwriterin und Jazz, sie hat die improvisierte Musik so verinnerlicht, dass ihre Interpretationen selbst von Stücken wie Pink Floyds "Have A Cigar" zum persönlichen Statement werden. Großartig!

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