Elton John begeistert mit "Red Piano"-Show Kölner Publikum

Für ihn soll's rote Rosen regnen - Pop und Pathos - Britischer Pop-Sänger schafft Spagat zwischen Extremen ohne Peinlichkeit

  Dieser Song ist für euch:  Elton John hielt in Köln oft Zwiesprache mit dem Publikum.

Dieser Song ist für euch: Elton John hielt in Köln oft Zwiesprache mit dem Publikum.

Foto: Thomas Brill

Köln. Elton John hat Kredit bei seinen Fans. Der englische Weltstar hatte noch keinen Handschlag getan, da feierten sie ihn schon bei seinem Auftritt in der Kölner Lanxess-Arena. Kein Wunder, John hat sein Publikum noch nie enttäuscht. Er brachte den Glamour von Las Vegas nach Köln, die "Red Piano"-Show, mit der John seit 2004 mehr als 200 Mal im Caesar's Palace aufgetreten ist.

Zusammen mit dem Fotografen David LaChapelle hat Elton John ein Gesamtkunstwerk aus Sound und Pop-Art, Poesie und Sexual-Symbolik, Kurzfilm und Videoclip-Ästhetik geschaffen.Überwältigend in jeder Hinsicht, leider auch akustisch. Mit dem Sound hatten sie es in der Lanxess-Arena übertrieben. Das Gewummer und Gedonner war martialisch, da begab sich die Kunst Elton Johns unter ihr Niveau; aber das nur nebenbei. Vor fünf Jahren auf dem Museumsplatz arbeitete Elton John ohne Band, sozusagen als künstlerische Ich-AG, es war der ideale Rahmen für seine Musik.

In Köln war er am eindrucksvollsten solo, allein an seinem roten Yamaha-Flügel. Da brachte der Sänger es fertig, einen arg abgenutzten Song wie "Candle In The Wind" ganz kraftvoll und neu erscheinen zu lassen. Und ungeheuer gefühlvoll, ohne Spurenelemente von Kitsch und Sentimentalität. Und auch der kostbare Rausschmeißer am Ende, "Your Song", kam ohne viel Show-Drumherum aus. Das Lied schenkte er uns, den Zuhörern. "I know it's not much but it's the best I can do / My gift is my song and this one's for you." Welches Weihnachts-Präsent kann diesen unvergesslichen Konzert-Augenblick übertreffen?

Die Show rund um den kleinen, korpulenten, 1947 geborenen Künstler war poppig, sehr bewegt. In den auf Riesenleinwände projizierten Filmen von David LaChapelle zeigten Männer und Frauen ihre Traumkörper vor und viel nackte Haut. In der filmischen Illustration zu "Rocket Man" verkörperte Justin Timberlake einen Popstar, unverkennbar Elton John, der sich im Ruhm regelrecht verliert. Das darf man als autobiografischen Kommentar verstehen, Alkohol und Drogen hätten Elton John, der seit rund 40 Jahren im Geschäft ist, beinahe umgebracht. Das hat ihn und seinen Textschreiber Bernie Taupin zu einem Klassiker inspiriert: "Someone Saved My Life Tonight".

Irgendwie brachte Elton John scheinbar Unvereinbares zusammen: riesige rote Rosen, die sich zu "Believe" auf der Bühne entfalteten; eine dekonstruierte Gummipuppe, deren überdimensionale Brüste hoch über der Szene hingen und Konfettischlangen abschossen; fruchtige, naturgemäß gigantische Sexual-Symbole wie Apfel und Banane. Und eben Bilder von Krieg und Tod, die den Song "Daniel" kommentierten. Zu "Someone Saved My Life Tonight" steckte in LaChapelles Film ein Mann, wieder unverkennbar Elton John, den Kopf in den Gasherd.

Pop und Pathos, Elton John schaffte den Spagat zwischen den Extremen ohne Peinlichkeit. Dann rockte er mit "Pinball Wizzard", rote Ballons flogen durch die Halle. Und zu "The Bitch Is Back" zeigte Pamela Anderson auf der Leinwand, was "Pole Dancing" ist. Amerikanischer geht es nicht. Es war, wie auch anders bei Elton John, ein Greatest-Hits-Abend. Der Star und seine Band spielten zupackend, der Sänger trieb auch seine Stimme mit dem Temperament eines Extremsportlers immer an ihre Grenzen.

So gewannen Stücke wie "Bennie And The Jets", "I'm Still Standing" und "Sataturdy Night's Alright For Fighting" eine vibrierende, explosive Kraft. Die konnte, wie gesagt, jeder Zuhörer in seiner Magengrube spüren. Alles, was Elton John ausmacht, war gegenwärtig: ins Hohe und Weite drängende Melodien, üppige Orchestrationen, sinfonisch getönte Gospel-Songs und komplex arrangierte Songdramen. Und dann, scheinbar einfach, in Wahrheit einfach nur genial: "Your Song", Elton Johns Geschenk an seine Fans. Einer wie er hat allen Kredit verdient.

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