Jennifer Rostock im Kölner Palladium Emanzipation und Party

Köln · Die Berliner Band Jennifer Rostock begeistert im ausverkauften Kölner Palladium. Die Sängerin zelebriert eine Pussy-Riot-Show.

 Kopf oder Zahl: Jennifer Weist verbindet Emanzipation und Party.

Kopf oder Zahl: Jennifer Weist verbindet Emanzipation und Party.

Foto: Thomas Brill

Es ist drei Jahre her, da kamen zum „Schlaflos“-Konzert von Jennifer Rostock gerade mal 2000 Fans ins zur Hälfte gefüllte Palladium in Köln. Jetzt sind es rund 4000 in der ausverkauften Halle, die das Quintett aus Berlin überwiegend mit Liedern des im vergangenen Herbst veröffentlichten Albums „Genau in diesem Ton“ aus dem Stand heraus begeistert.

Vor zehn Jahren kam die Gruppe zusammen, wurde 2009 mit der „1 Live Krone“ als beste Newcomerband und 2011 als beste Band geehrt. Die Karrierekurve von Jennifer Rostock zeigt also weiterhin steil nach oben, sicherlich ein Indiz dafür, dass Frontfrau Jennifer Weist in ihrer speziellen Art eines kumpeligen Feminismus zumindest für die überwiegend weiblichen Fans den richtigen Ton der Ansprache trifft.

Schon beim Start mit „Baukräne“ droht die Stimme von Jennifer Weist sich zu überschlagen, da ist viel Emotion, die sich in Dynamik entlädt, dabei, und auch die Band macht ordentlich Druck. „Jenny“, wie sie nach einem eigen Song keinesfalls genannt werden will, es dennoch aber einige Fans liebevoll tun, kann die Fanmenge kaum fassen. Daraufhin genehmigt sie sich – „zicke, zacke, zicke, zacke, heu, heu, heu“ – erst mal einen Schnaps. Es sollte an diesem Konzertabend nicht der einzige sein.

Die Sängerin zelebriert eine Pussy-Riot-Show, in etwa das rockende Pendant zu Carolin Kebekus. Sie will nicht das angepasste liebe Mädchen, das in den Himmel kommt, sein, sondern sie spielt perfekt das böse Mädchen, das dafür überall hinkommt. Weist spart dabei nicht mit konkreten Ratschlägen für mehr Selbstbewusstsein für junge Frauen. Dies gilt auch für Modediktate. Wer Lust auf einen Ausschnitt bis zum Bauchnabel hat, einen richtig ekligen Schlabberpulli oder auch ein Kopftuch – frau sollte dazu stehen, so Jennifer Weist.

Mit „Kopf oder Zahl“, das mit Elektroanleihen die Neue-Deutsche-Welle-Ikone Ideal zitiert, sowie „Mein Mikrofon“ steigert die Band die Jubelstimmung im Publikum, bevor mit „Irgendwas ist immer“ wieder Material vom aktuellen Album zum Zuge kommt. Stilistisch wandelt die Band zwischen Pop, Rock, Punk und Pink. Zum Finale definiert die 30-Jährige die „Hengstin“ als ultimativen Frauentyp. Sie will sich nicht als willige Stute patriarchalischen Herrschaftsstrukturen – schon gar nicht dem Sexismus vieler Rapper – unterwerfen, sondern als weiblicher Zentaur für seine Freiheit und Rechte kämpfen. Nur selten wird weibliches Emanzipationsstreben mit so viel ausgelassener Partystimmung betrieben.

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