Bonner Kunstverein Eröffnung der neuen Ausstellung mit einer Performance
BONN · Der Faszination von Musikvideos, der Ästhetik von Videoclips, die Geschichten, Dramen und Emotionen zu einem knappen Format verdichten, kann man sich kaum entziehen. Die Werbung ist darauf angesprungen, die Kunst sowieso.
Im Kunstverein sind zwei Künstlerinnen, Alexandra Bachzetsis und Claire Hooper, zu sehen, die irgendwo beim Musilclip anknüpfen, sich intensiv mit der Gattung beschäftigten und zu ganz unterschiedlichen Schlüssen und Ergebnissen kommen. Wie weit das führen kann, wird sich heute Abend bei der Eröffnung im Kunstverein zeigen. Die Zürcherin mit griechischen Wurzeln, Alexandra Bachzetsis, die mit der popkulturellen Gattung des Musikclips sehr analytisch umgeht, sie in ihre Bestandteile zerlegt, überführt den Film vom virtuellen in den realen Raum.
Gemeinsam mit Anne Pajunen präsentiert die 1974 geborene Choreografin die um Original und Imitation, um Körpersprache und Bewegungsmuster kreisende Performance "A Piece Danced Alone". Im vergangenen September war das Stück im Theater Hebbel am Ufer in Berlin zu sehen. Beschrieben wurde es so: "'A Piece Danced Alone' ist eine repetitive Suite von Solos, deren Choreografie vorsichtig von einem Performer an den nächsten weitergegeben wird. Jede Version entwickelt eine methodisch strenge Interpretation sehr spezifischer physischer Anweisungen. Ihre Unterschiede lösen sich allmählich auf. Wie in einem Spiegelkabinett kommt eine Reihe von Doppelgängern zum Vorschein."
Wer die Performance nicht miterleben kann, kann in der Ausstellung die Aufnahme einer früheren Version sehen. Außerdem das Video "This Side Up" von (2007), das für das Verständnis von Bachzetsis' Arbeit essenziell ist: Der Körper in Bewegung und mit ihm ein Alphabet von Beugungen, Streckungen und Drehungen sind isoliert vom Raum zu sehen. Wo unten, wo oben ist, rechts oder links, ist unwesentlich. Die Bewegung ist das Bild. Um Alltagsstereotypen, angeblich frauenspezifische Handlungen, kreist die Videoarbeit "Rehearsal (ongoing)", eine in zwei parallelen Filmen gezeigte, absurd choreorafierte Abfolge von Abläufen, die nur noch entfernt an sinnvolle Handgriffe wie Wolle aufwickeln, Cremetuben auspressen erinnert. Sisyphos lässt grüßen.
Womit wir in der Antike und bei der 35-jährigen Londonerin Claire Hooper und ihren umwerfenden Filmen wären. Hooper bringt Dinge zusammen, die man sich kaum zusammen vorstellen kann: Ihre Filme "Nyx" und "Eris" verknüpfen Elemente der Soap-Opera und des Musikclips mit harter Dokumentation, fiktiven, exquisit inszenierten filmischen Momenten und nicht zuletzt mit der griechischen Mythologie. Letzteres in einer Tiefe, die den Betrachter aufs Äußerste herausfordert.
Der mit hypnotischen Bildern und einem guten Soundtrack ausgestattete Film "Eris", so heißt die Göttin der Zwietracht, kreist um das Schicksal einer jungen farbigen Frau, der das Sozialamt den Sohn wegnehmen will. Die prekäre Situation der jungen Mutter - Hooper arbeitet mit Laienschauspielern, die aus dem Milieu stammen - wird begleitet durch Traum- und Gewaltsequenzen und überhöht durch Elemente des antiken Dramas.
"Nyx", so heißt die Göttin der Nacht, spielt in der Berliner U-Bahn, Linie 7, wo nicht nur Thanatos, der Gott des Todes, und Hypnos, der Gott des Schlafes, unterwegs sind, sondern auch ein junger, reichlich berauschter Kurde, der durch die Unterwelt irrt: "Wollt ihr mich verarschen, oder was, Mann? Isch bring disch um!" Der kunterbunte Berliner Untergrund und der antike Pergamonaltar sind "Kulissen" dieses eigenwilligen Dramas, bei dem auch Protagonisten der griechischen Tragödie mitmischen. Nicht verpassen sollte man auch Hoopers Film "Auditorium", eine stille, wunderbar choreografierte Etüde über Menschen und Körper in einem faszinierenden Raum.
Bonner Kunstverein, Hochstadenring 22; bis 25. Mai. Di-So 11-17, Do bis 19 Uhr. Eröffnung: am Freitag, 19 Uhr. Rahmenprogramm: www.bonner-kunstverein.de