4. Internationale Bonner Tanzsolofestival Es dreht sich alles um den Mann

Bonn · "Oh, Mann - Das starke Geschlecht sucht seine Rolle", titelte das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in der letzten Ausgabe des vergangenen Jahres. Das Thema scheint derzeit in der Luft zu liegen. Denn auch beim 4. Internationalen Bonner Tanzsolofestival dreht sich ab kommenden Freitag, 18. Januar, im Endenicher Theater im Ballsaal und auf der Bühne der Beueler Brotfabrik zwei Wochen lang alles um den Mann und seine Geschlechterolle.

 Tänzer Omar Rajeh aus Beirut in einer Szene aus "Facing The Blank Page".

Tänzer Omar Rajeh aus Beirut in einer Szene aus "Facing The Blank Page".

Foto: Bruno Ruffini

Zum Solofestival wurden ausschließlich männliche Tänzer geladen. "Wenn Frauen mit einem Solo auf die Bühne gehen, ist das oft eher das Ergebnis eines ein Zufalls", sagt Rainald Endrass vom Ballsaal-Hausensemble "CocoonDance", "bei Männern ist das getanzte Solo immer eine Suche nach der eigenen Identität".

Bei den im Ballsaal und in der Brotfabrik gezeigten Uraufführungen, Deutschland-Premieren und Gastspielen aus Ländern wie der Schweiz, der Slowakei, Brasilien, dem Libanon, Spanien und Deutschland gibt's etliche Variationen über das Männer-Thema. Lutz Förster, stilbildender Pina-Bausch-Tänzer der ersten Stunde, hat sein Solo "Potrait of a Dancer" betitelt und denkt gleichsam choreografisch über sein Leben und die Kunstform Tanz nach. Auch der Brasilianer Cristian Duarte reflektiert in seiner witzigen, mit Stilzitaten gespickten Hitparade "The Hot One Hundred Choreographers" über sein eigenes Tanz-Genre.

Der Berliner Christoph Winkler wiederum nähert sich in seinem Solo, das er "Choreografie einer Radikalisierung" nennt, dem Terroristen Andreas Baader an. Eröffnet wird das Festival durch die Gastgeber "CocoonDance", die sich die Freiheit erlauben, mit Rafaële Giovanola zumindest eine Choreografin ins Rennen zu schicken. Sie hat für Martín Inthamoussú-Montevideo ein Stück geschaffen, dessen Titel "Mannish Man" isofern irritiert, als das englische Attribut "mannish" häufig im Zusammenhang mit "woman" gebraucht wird und so etwas wie Mannweib bezeichnet. Hier also geht es um den Mann-Kerl. Gleichwohl setzt sich der Tänzer auch mit weiblichen Körperbildern auseinander, erläutert Endrass.

Bereits vor dem Festivalbeginn wird Martín Inthamoussú-Montevideo als "Maskottchen" des Festivals mit Soloimprovisationen an verschiedenen öffentlichen Orten in Bonn überraschen, um das Publikum mit speziell für Alltagsräume entwickelten Solos auf das Festival einzustimmen.

Das Festival ist in seiner Art in Deutschland einmalig. Nirgendwo sonst gibt es eine so radikale Konzentration auf das getanzte Solo wie in Bonn. Endrass legt ebenso wie auch Karel Vanek von der Brotfabrik Wert darauf, dass es ein Festival "beider Häuser" sei. Sowohl, was die Veranstaltungsorte als auch die arbeitsteilige Organisation angehe. Unterstützt wird es von der Stadt Bonn und auch im Rahmen der NRW-Mittelzentren-Förderung.

Nach Festival-Abschluss kündigt sich am 27. April bereits das nächste an: Dann startet "TanzNRW13", ein auf acht Städte verteiltes regionales Festival, mit einem Auftakt in Bonn. Für die freie Bonner Tanzszene würden solche Festivals immer wichtiger, sagt Endrass: "Einzelgastspiele sind sehr riskant geworden."

Viertes Bonner Tanzsolofestival: Das Programm

  • Fr 18.1., 20 Uhr, Theater im Ballsaal: Mannish Man - Uraufführung, CocoonDance (Bonn) und Sad Dance Therapy: Deutschland-Premiere, Juan Luis Matilla (Sevilla), anschl. Party mit Buffet
  • Sa 19.1., 20 Uhr, Theater im Ballsaal: Mannish Man, CocoonDance
  • Di 22.1., 20 Uhr, Theater im Ballsaal: Meine Stille - Work in progress, Valenti Rocamora i Torà (Barcelona)
  • Fr 25.1., 20 Uhr, und Sa 26.1., 19 Uhr, Theater im Ballsaal: The Hot One Hundred Choreographers - Deutschland-Premiere, Cristian Duarte (São Paulo)
  • Sa 26.1., 21 Uhr, Brotfabrik: Superflux - Deutschland-Premiere, Jean-Marc Heim (Lausanne)
  • Mi 30.1., und Do 31.1., 20 Uhr, Theater im Ballsaal: Facing The Blank Page - Deutschland-Premiere, Omar Rajeh (Beirut)
  • Fr 1.2., 20 Uhr, Brotfabrik: Portrait of a dancer, Lutz Förster (Essen)
  • Sa 2.2., 19 Uhr, Theater im Ballsaal: Baader - Choreografie einer Radikalisierung, Christoph Winkler (Berlin); anschließend: Shuttle zur Brotfabrik
  • Sa 2.2., 21 Uhr, Brotfabrik: Fool's Figures - Deutschland-Premiere, Jaro Spring Vinarský (Slowakei); anschließend Abschlussparty in der Brotfabrik

Karten gibt es in den Bonnticketshops in den Zweigstellen des General-Anzeigers und im Internet unter bonnticket.de

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