Marius Müller-Westernhagen in Köln Es geht ihm gut

Köln · Wenn er, nach rund 90 Minuten, als zweites Stück im Zugabenteil "Es geht mit gut" anstimmt, dann glaubt man ihm das unbedingt. Marius Müller-Westernhagen wirkt bei seinem Konzert in Köln nicht nur gelöst und entspannt, sondern regelrecht euphorisch.

 Der kölsche Düsseldorfer: Marius Müller-Westernhagen in der Lanxess-Arena.

Der kölsche Düsseldorfer: Marius Müller-Westernhagen in der Lanxess-Arena.

Foto: Brill

Passend zu "Wieder hier" macht er "seinem Revier" eine Liebeserklärung: "Egal, wo ich bin, ich vergess' nie, dass ich ein Rheinländer bin." Und setzt am Mittwochabend in der Lanxess-Arena für die Lokalpatrioten noch einen drauf: "Ich bin zwar in Düsseldorf geboren, aber mein Vater war'n Kölner."

Auf Hallentour zum aktuellen Album "Alphatier" zieht er mit seiner durch und durch souveränen Band 12 000 Fans in Bann. Dabei hält der 66-Jährige, was er schon vergangenes Jahr auf "Pre-Listening"-Clubtour versprach: ein geiles und lautes Konzert zu geben. Leichte Kost ist das nicht. Im doppelten Sinne.

Denn während der kölsche Düsseldorfer, der inzwischen in Berlin lebt, das Kunststück vollbringen muss, die neuen Stücke und die alten Hits konzepttechnisch bestmöglich miteinander zu kombinieren, sieht sich das Publikum beim düster-mächtigen Titelstück und bei "Liebe (um der Freiheit Willen") mit Tierkadavern, ausgebrochenen Stoßzähnen und rostroten Schlieren konfrontiert, es muss Knochenberge, Soldaten, die lachend abgetrennte Köpfe präsentieren, und einen bis zum Skelett abgemagerten Leichnam ertragen.

Gassenhauer und vertraute Balladen ziehen am Besten

Die Botschaft, die damit rüberkommen soll, ist klar, aber drastisch. Mit "Fertig" und "Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz" gibt es dazwischen zwei gut platzierte Stimmungsaufheller. Schließlich sind wir ja auf einem Rockkonzert. Und da will man vor allem Spaß haben. Im Duett mit Lindiwe Suttle bekommt "Oh, Herr" eine zusätzliche, sehr intensive Klangfarbe. Dass die 36-Jährige den Frontmann nicht nur als Sängerin überzeugt hat, wird spätestens dann klar, wenn er ihr nach "Engel, ich weiß..." mit roten Rosen und schwellenden rote Herzen, die in 3D-Optik über die Leinwand schweben, einen zärtlichen Kuss gibt.

Bei Stücken wie "Schweigen ist feige" läuft Westernhagen zu rauer, wilder Hochform auf, als er vor "Mit 18" zur Mundharmonika greift, wissen alle, was jetzt kommt. Brüllen, johlen, jubeln und springen von den Plätzen auf. Einen ganz ähnlichen Effekt hat "Sexy". Bei allem Applaus, den auch neue Songs wie "Clown" oder "Halt mich noch einmal" einheimsen - es sind die alten Gassenhauer und die wohl vertrauten Balladen, die am besten ziehen. Und bei "Lass' uns leben" sieht man tatsächlich noch das ein oder andere Feuerzeug aufflammen.

"Komm' Köln - et jeht noch wat!"

Gekonnt jagt Westernhagen über zwei Stunden hinweg die Stimmung immer weiter hoch: "Das ist doch Köln hier! Hab' ich mich in der Stadt verirrt? Komm' Köln - et jeht noch wat!" Mit "Wir haben die Schnauze voll" wird die Arena zum Tanzpalast. Als letzte Zugabe kommt traditionell "Johnny W." Statt mit fetter Band ganz intim, als Saitenspiel auf drei Barhockern am Bühnenrand. Letzte Zugabe?

Die Fans wollen mehr, die Band will mehr. Westernhagen, alles andere als ein Alphatier, fügt sich. Übers ganze Gesicht strahlend, kündigt er "Freiheit" an: "Das hab' ich im Müngersdorfer Stadion gespielt." 1992. Kinder, wie die Zeit vergeht. Aber manchmal, so wie in diesem Moment, beglänzt vom Sternenlicht auf der Leinwand, steht sie auch still. So fühlt sich Glück an.

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