Kammerspiel in der Wohnzimmerhölle Euro Theater Central stellt den neuen Spielplan vor

Bonn · Große Zufriedenheit und große Erwartungen beim Euro Theater Central: Die abgeschlossene Spielzeit war ein voller Erfolg, an den das kleine Schauspielhaus 2013/2014 mit weiteren hochwertigen Produktionen anknüpfen möchte.

 Erfolgsstück der abgelaufenen Saison: Molières "Le malade imaginaire".

Erfolgsstück der abgelaufenen Saison: Molières "Le malade imaginaire".

Foto: FRINGS-NESS

Gut 10.000 Besucher konnte die Spielstätte am Mauspfad im vergangenen Jahr verzeichnen - bei nur 45 Plätzen im Theater zeigt dies den großen Zuspruch des Publikums für die etwa 300 Vorstellungen. Vor allem Hermann Hesses "Siddhartha" entwickelte sich zum Publikums-Magneten, wie Theaterchefin Gisela Pflugradt-Marteau und Dramaturgin Ulrike Fischer mitteilten.

"Wir konnten die Nachfrage kaum bedienen", sagte Fischer über Heike Bänschs hochgelobte Inszenierung. Ähnliches galt für Molières "Le malade imaginaire": "Vor allem Schulklassen haben ein so starkes Interesse gezeigt, dass wir teilweise zwei- bis dreimal pro Tag gespielt haben", so Fischer.

Die Konsequenzen: Molières Stück steht ab September nach mehrfachem Wunsch des Schülerpublikums auch in deutscher Sprache wieder auf dem Spielplan, und Heike Bänsch darf erneut ein Experiment wagen. Die Regisseurin wird zusammen mit der Abschlussklasse der Arturo Schauspielschule Köln Friedrich Schillers "Kabale und Liebe" auf die Bühne bringen. "So etwas haben wir in dieser Form noch nie zuvor gemacht", betont Pflugradt-Marteau.

Man hoffe, damit vor allem dem jüngeren Publikum, das zuletzt einen beträchtlichen Anteil an den Besucherzahlen ausgemacht habe, ein "Stück auf Augenhöhe" zu bieten, wie Fischer hinzufügte. Neben den beiden Klassikern setzt das Euro Theater erneut auch auf zeitgenössische Autoren. "Mit John Logans 'Rot' über den Künstler John Rothko waren wir zunächst etwas zurückhaltend in den Erwartungen, weil ja nur wenige den Autor oder den Maler kannten.

Aber unser Publikum hat hervorragend mitgezogen", freute sich Ulrike Fischer. Ähnliches erhofft sich die Dramaturgin nun von Anne Leppers Familiengroteske "Käthe Hermann", einem skurrilen Stück über Lebenslügen, Realitätsverlust, ein Kammerspiel in einer Wohnzimmerhölle, bewohnt von Charakteren, die sich in der Aussichtslosigkeit ihrer Träume gegenseitig übertrumpfen. Die Inszenierung übernimmt Konstanze Kappenstein.

Ebenfalls neu im Repertoire wird Albert Ostermaiers "Ein Pfund Fleisch" sein: Ein Stück über das schnelle Geld, Börsencrashs und Marktmacht, angelehnt an William Shakespeares "Der Kaufmann von Venedig". "Ostermaier legt den Finger auf jede einzelne vorhandene Wunde", sagt Ulrike Fischer - von den Gefahren des jeglicher Moral enthobenen Kapitalismus bis hin zur Occupy-Bewegung ist alles vertreten. Den Abschluss der 44. Spielzeit bildet schließlich eine Doppel-Inszenierung von Peter Törmöry: Er nimmt sich der Einakter "Die Unterrichtsstunde" (Eugène Ionesco) und "Die Menschliche Stimme" (Jean Cocteau) an.

Insgesamt bietet das Euro Theater ein vielseitiges Programm mit spannenden Premieren. Zudem stellt das Haus beim Lesefest in Rheinbach am 13. Oktober die Schauspieler für die Wohnzimmer-Lesungen und wird mit drei Gastspielen in Schleiden-Gemünd zugegen sein. Bei all diesen Ankündigungen gibt es nur einen Wermutstropfen: Das Ensemble der beliebten Leseshow "Der Kleingeist" hat sich aufgrund künstlerischer Differenzen aufgelöst. "Wie es da weitergeht, können wir zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nicht sagen", erklärt Fischer.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort