Hinter der Fassade gehts weiter Eva Berendes zeigt ihre „Façades“ im Kunstmuseum

Bonn · Die Bonner Kunstpreisträgerin Eva Berendes zeigt ihre „Façades“ im Kunstmuseum. Berendes hat sich von einem Architekten für ihre fünfteilige Bonner Skulpturengruppe inspirieren lassen.

An der Schnittstelle zwischen Design, Kunst und Artchitektur: Die Bonner Kunstpreisträgerin Eva Berendes im Kunstmuseum.

An der Schnittstelle zwischen Design, Kunst und Artchitektur: Die Bonner Kunstpreisträgerin Eva Berendes im Kunstmuseum.

Foto: Benjamin Westhoff

Dass kürzlich Models vor Eva Berendes‘ Skulpturengruppe auf dem Museumsplatz vor dem Kunstmuseum Bonn posierten, stört die Künstlerin überhaupt nicht. Sie hat auch nichts dagegen, wenn die drei bunten und sehr markanten Elemente irgendwann auf „Instagram“ Karriere machen, was durchaus möglich ist. Denn diese Werke, Hybride aus Malerei und Objekt, aus Designmöbel, Architekturteil und dreidimensionaler Kunst sind klassische Eye Catcher. Zumal sie in attraktiven Farben – Kobaltblau, Apricot und Gelb – daherkommen, schließlich mit unterschiedlicher Musterung bestechen – teils geometrisch, teils animalisch (Zebramuster), teils abstrakt. Objekte an der Schnittstelle zwischen Kunst und Gebrauchsgegenstand, platziert im öffentlichen Raum. Das ist ein unschlagbares Angebot an Passanten und „Instagram“-Blogger, die ganz in der Nähe auch noch auf virtuelle Außenraum-Arbeiten der gerade eröffneten Ausstellung „Expect The Unexpected“ treffen. Der Museumsplatz als Erlebnisraum. So muss das sein.

Dass die Dreiergruppe von Berendes auch noch so gruppiert ist, dass sie den Betrachter in die Mitte nimmt, erhöht den Reiz. Im Umrunden gewinnt man neue Aspekte. Mal die Schaufenstersituation am Kunstmuseum: Im Innenraum sieht man zwei weitere Objekte von Berendes. Die Ausstellung funktioniert also perfekt als Außeninstallation und Rauminszenierung. Der zweite Aspekt: Blickt man in Richtung Museumsplatz, fällt eine gewisse Verwandtschaft zwischen Berendes‘ architektonischen Objekten und dem gegenüberliegenden Bau der Bundeskunsthalle von Gustav Peichl mit den drei türkisfarbenen Kegeln auf dem Dach auf. Und da liegt man richtig.

Bonner Ehepaar stellt Kunstmuseum einen Grundstock von 5000 Euro zur Verfügung

Peichls Bau ist, wie auch der Kunstmuseumsbau von Axel Schultes, ein Kind der 1980er-Jahre-Postmoderne. Ein Baustil, der sich streng genommen eigentlich verneint, weil im Grund der Stilmix, auch die Stillosigkeit propagiert wird. Auch das in der Architektur gewöhnlich praktizierte Prinzip, wonach an der Fassade abzulesen ist, was sich dahinter befindet, wird in der Postmoderne gerne ausgehebelt. Ein radikales Paradebeispiel dafür ist das rekonstruierte Berliner Stadtschloss, über das Peter von Becker einmal schrieb: „Als postmoderne Barocktorte ein Kuriosum, könnte es, wenn im baulichen Detail etwas Delikatesse und im Inhalt museologische und inszenatorische Intelligenz walten, viel mehr sein als ein Palast der Replik – nämlich eine Bühne der Behauptung. Weil Schein und Sein zum Leben, zur Politik, zur Wahrheit des ganzen Hauptstadt-Theaters gehören.“ Das war 2002, da war das Schloss, der „Palast der Replik“ noch eine architektonische Vision.

Berendes hat sich von einem anderen Architekten für ihre „Façades“, so heißt die fünfteilige Bonner Skulpturengruppe, inspirieren lassen. Nicht von Peichl oder Schultes oder Franco Stella, dem Baumeister des Stadtschlosses, sondern von dem vor einem Jahr gestorbenen katalanischen Architekten Ricardo Bofill. Auf dessen Spuren ist Berendes nach Barcelona und Alicante gereist. Das mit dem Bonner Kunstpreis verbundene Reisestipendium machte den Trip möglich.

Das Bonner Ehepaar Stephanie und Wolfgang Bohn spendierte nicht nur die Reise, sie stellen dem Kunstmuseum auch einen Grundstock von 5000 Euro zur Verfügung, um eine Arbeit der Künstlerin zu erwerben. Eva Berendes wurde 1974 in Bonn geboren, wuchs in Beuel auf, hat in London, Berlin und München studiert, lebt in Berlin und hat eine lange Ausstellungsliste vorzuweisen.

Was sie an Bofills Architektur reizte und was sie in ihren Objekten umsetzte, ist das Spielerische, der Gedanke einer von allen Funktionen befreiten Fassade, die wie ein Kulissenteil wirkt, der Material- und Farbenmix. Interessant ist auch die Nähe zu Objekten der Minimal Art sowie die Kombination aus einem Architekturteil, das mit Kratzputz überzogen ist, einer industriellen Trägerstruktur und bedruckten Flächen. Die Kombination lässt an Designobjekte der Gruppe Memphis denken. Die „Façades“ haben von allem etwas und sind doch eigenständig und sehr originell.

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