Galerien Andreae und Esszimmer Familientreffen und Badefreuden

Bonn · In den Galerien: Dietrich Helms Kunstkosmos bei Andreae, Anne Hody im "Esszimmer"

 Kunst-Zeitzeuge: Dieter Helms

Kunst-Zeitzeuge: Dieter Helms

Foto: Franz Fischer

Galerie Judith Andreae. Das hervorragende Projekt "Helms and Friends" skizziert die fesselnde Kommunikation innerhalb eines erlauchten, primär rheinischen Künstlerkreises, der sich um die Künstlerpersönlichkeit Dietrich Helms (Jahrgang 1933), Schüler von Ernst Wilhelm Nay schart.

Die von Beuys bis Franz Erhard Walther reichende, fünfzehnköpfige Elite ist mit brillanten, von Kunsthistorikerin Arta Valstar-Verhoff zusammengestellten Werkauszügen vertreten. An die achtzig Exponate spiegeln in lebendiger Manier ein von 1956 bis 2013 reichendes Kapitel Kunstgeschichte.

Helms' private Sammlerschätze wurden aufgestockt durch Leihgaben, etwa Arbeiten von Beuys und Sigmar Polke von Galerist Erhard Klein sowie durch projektbezogene Beiträge von Helms Tochter, Designerin Nina Helms' (Jahrgang 1971), Gotthard Graubner und Jürgen Klauke. Mit ihrer perlenfunkelnden Stickeuphorie "Juliträume" kündigt Christiane Möbus ihre Projektteilnahme an.

Die künstlerischen Fährten des Hamburger Hochschullehrers, Literaturwissenschaftlers und Autors Helms umzingeln vielfach geistesverwandte Papierarbeiten, Leinwandentwürfe und Objekte.

Günther Uecker kredenzt ein weißes Nagelkissen, thronend auf einem rosaroten Lyrikband von Brentano und Arnim. Maxime wie "Die Uhr auf null stellen", "Kampfansage, Rebellion gegenüber dem klassischen Tafelbild" (Helms) münden ab den frühen 60er Jahren in die Konzentration auf freie Abstraktionen, auf Strukturen und gegenstandsferne Bildarchitekturen, die sich vage an Geometrie anlehnen oder von der Natur inspiriert werden. Das ehemals groß geschriebene Thema Farbe schrumpft zum schieren Werkstoff, dessen materielle Substanz intuitiv und gleichzeitig analytisch erprobt wird.

Die vortastende Suche nach einer komplexen und gleichzeitig schlichten Kunstsprache veranschaulichen Helms' Gitterkonstruktionen, scherenschnittähnliche Entwürfe, berückende Blindzeichnungen (auch von Dieter Roth), Frottagen, auf Abrieb, Pause, Ablöschen, Faltungen beruhende Kompositionen. Richters "Graues Bild" (1968) lebt von virulenten Reliefbildungen, Schriftpartituren, Serigrafien von Beuys (1970) erinnern derweil an revolutionäre, bis zum Meeresgrund reichende Naturkampagnen.

"Aachener Blaustein" (1980) nennt Ulrich Rückriem seine, aus zwei rechteckigen Blöcken geformte Bodenskulptur. Mit authentischen, aus Baumstämmen gewonnenen Naturalien (Chloroplasten) entfesselt Helms' Schülerin Dorothee von Windheim auf Musselin verborgene Spuren des Kosmos.

Galerie Judith Andreae, Bachhöfe, Paul- Kemp- Str. 7, Bonn, bis 23. Oktober. Di, Mi, Fr 13 bis 18 Uhr, Do 13 bis 22 Uhr, Sa 11 bis 15 Uhr.

Das Esszimmer. Die beendete Schwimmsaison kontert Anne Hody mit einer Installation, in der die Kunsteinrichtung "Das Esszimmer" zum "Seeraum" mutiert. Zum suggestiven Eintauchen in erfrischende Fluten animieren zwei diagonal durch den leeren Raum gleitende Megafotografien. Auf Augenhöhe umfangen wird der Betrachter von tiefer Bläue, sanften Wasserrührungen und Luftblasen.

Mitten im sandig grundierten Strom treibt ein menschliches Gegenüber, dessen Gesicht nahe heranrückt, dessen Körper nur als Ahnung aufscheint. Die maritime Erscheinung ist Anne Hody, bekannt als Performancekünstlerin und für ihre fotografischen Inszenierungen. Das bereits 2011 in Winterthur gezeigte, nunmehr raumbezogen modifizierte Projekt und die 1997 entstandene Videofarce "My Obsession" machen vertraut mit den eigensinnig komplexen Kunstfährten der 1964 geborenen, an führenden Schweizer Kunsthochschulen (Zürich, Basel) ausgebildeten Künstlerin.

Die sehenswerte Installation filtert musterhafte Sehnsüchte oder physische Erfahrungen heraus, so etwa Unbegrenztheit, Ungebundenheit, Auskosten des Augenblicks, Zeitlosigkeit und intensives Körperbewusstsein, Eintracht von Körper und Psyche. "Identität" einerseits und "Rollenverständnis" andererseits sind Brennpunkte einer Künstlerin, in deren Aktionen der eigene Körper als "künstlerisches Material" dient.

Das Esszimmer, Mechenstr. 25, Finissage, Do, 10. Oktober, ab 19 Uhr. Do, Fr 15 bis 18.30 Uhr und nach Vereinbarung unter: 0176 38 32 161.

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