Horváths "Kasimir und Karoline" Faszinierende Ausweglosigkeit - Gespräch mit Schauspielern und Inszenierungsteam

BONN · Vor der Premiere: Ein Gespräch mit Schauspielern und Inszenierungsteam über Horváths in das Gewand einer Komödie gekleideten Tragödie "Kasimir und Karoline".

 Falilou Seck und Maria Munkert in einer Szene aus Horváths "Kasimir und Karoline".

Falilou Seck und Maria Munkert in einer Szene aus Horváths "Kasimir und Karoline".

Foto: Beu

Eigentlich wirken beide ganz gelassen, cool, in sich ruhend. Doch auf der Bühne wird sich das ändern: Ab Donnerstag spielen Falilou Seck und Maria Munkert die Titelfiguren in Ödön von Horváths Volksspiel "Kasimir und Karoline" - zwei zerrissene Gestalten auf der Suche nach einer Zukunft.

Er in der Wirtschaftskrise ohne Arbeit und ohne Hoffnung, sie sich nach Bewunderung sehnend, eine gesellschaftliche Perspektive suchend. Beide auf dem Oktoberfest, inmitten des bunten Trubels zerstritten, ständig aneinander vorbei laufend und redend, jeder auf seine Weise mit sich selbst beschäftigt.

Von der Eindimensionalität sind Kasimir und Karoline dabei weit entfernt. "Es sind zwei sehr ambivalente Figuren", sagt Seck. "Gerade bei Kasimir sind unglaublich viele unterschwellige Emotionen vorhanden. In ihm brodelt es, doch diese Gefühle kann, darf er physisch nicht ausleben." Eine Herausforderung für den 46-Jährigen, der seit einem Jahr festes Ensemblemitglied am Theater Bonn ist.

Doch die Rolle der Karoline ist nicht minder komplex: "Sie ist eine Frau, die es genießt, umworben zu werden, und dabei letztlich nur von den anderen benutzt wird, ohne es zu realisieren", erklärt Munkert. Wie auch die anderen Figuren in Horváths Stück: "Sie denken, dass sie alles kontrollieren könnten, werden aber stattdessen von den Umständen beherrscht."

"Horváth führt seine Figuren immer wieder an ein großes Loch, an einen Abgrund, an dem sie dann herumwursteln", führt Michael Lippold aus. Der Regisseur, der zuletzt Neil LaButes "Tief in einem dunklen Wald" inszenierte, ist von dieser inszenierten Ausweglosigkeit fasziniert - und von der Aktualität, die das Stück derzeit aufweist.

"Ursprünglich schrieb Horváth ,Kasimir und Karoline' ja unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise von 1929", erklärt er. "Doch heute funktioniert der Stoff genauso gut."

Ökonomische und dadurch ausgelöste emotionale Probleme, der drohende soziale Abstieg, sogar das Fragwürdigwerden der moralischen Instanzen - all dies schwingt in Horváths in das Gewand einer Komödie gekleideten Tragödie mit.

Die bedrohten oder bereits gescheiterten Existenzen suchen Vergessen in Rausch und Vergnügen, "wandeln zwischen Exzess und Tristesse", wie Dramaturg Christopher Hanf es ausdrückt. In dieser Diskrepanz liegt ein großer Teil von Horváths spröder Komik - und mindestens ebenso viel Tragik.

Premiere am Donnerstag, 19.30 Uhr, in der Halle Beuel. Karten in den GA-Zweigstellen und bei bonnticket.de

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