Theater Mummenschanz Faszinierende Metamorphosen

bonn · Das legendäre Schweizer Theater Mummenschanz gastiert in Bonn und in Köln.

Philipp Egli sitzt im Restaurant des "Theater 11" im Zürcher Stadtteil Oerlikon, greift neben seine Espressotasse und hält ein winziges Verpackungspapierchen in die Luft. Er sagt: "Man muss daran glauben, dass man daraus etwas machen kann." Das Schokoladenpapierchen glitzert im einfallenden Sonnenlicht. "Man muss daran glauben, dass daraus etwas entstehen kann." In den Händen eines Mummenschanz-Künstlers erfährt selbst das kleinste Wegwerfprodukt eine Aufwertung.

18 Stunden vorher. Ein herrlicher Nachmittag in Zürich, Mitte Juni, blauer Himmel, Sonne satt. Während die Straßencafés an den Ufern der Limmat aus allen Nähten platzen, herrscht im Altstadt-Antiquariat in der Oberdorfstraße, unweit des Grossmünsters, fast vollkommene Stille. Hinter der mächtigen Skulptur eines schwarzen Panthers sitzt Inhaberin Rita Schnellmann an ihrem angenehm chaotischen Schreibtisch. Ob sie etwas über Mummenschanz da hat? Ja, selbstverständlich.

In der Schweiz zählt das legendäre Figurentheater, das seit 40 Jahren besteht und auf der ganzen Welt tourt, schließlich zum kulturellen Nationalerbe. Die Antiquarin fischt das Standardwerk des Schweizer Fotojournalisten Michel Bührer aus einem Regal. "Mummenschanz haben es über die Jahrzehnte verstanden, sich immer wieder neu zu erfinden", meint Rita Schnellmann.

Und dann holt sie noch etwas hervor: ein Mummenschanz-Programmheft von 1984, sehr dünn, in knallblauen Schaumstoff eingeschlagen, eine grellrote Schaumstoffhand umschließt den Einband. Preis: 650 Schweizer Franken. Leider etwas außerhalb des Budgets.

Abends sitzen 1500 Zuschauer im ausverkauften "Theater 11" und erleben ein sagenhaftes Best-Of aus vier Jahrzehnten Mummenschanz, knapp 30 Nummern aus dem insgesamt 100 Nummern umfassenden Repertoire. Mit verblüffenden, rätselhaften Masken und Materialien kreieren Gründungsmitglied Floriana Frassetto, Raffaella Mattioli, Pietro Montandon und Philipp Egli (das zweite noch verbliebene Gründungsmitglied Bernie Schürch trat kurz nach der Aufführung von der Bühne ab) ganz eigene, faszinierende Bilderwelten voller Metamorphosen.

Eine universelle und höchst unterhaltsame Bewegungs- und Bildersprache, die völlig ohne Text und auch ohne Musik auskommt. Das funktioniert in Tokio wie in Teheran, in Sydney wie in San Francisco. "Wir wollten es immer universell halten und Schwierigkeiten in der Kommunikation thematisieren", erklärt Floriana Frassetto (61) einen Tag nach der Show im Theater-Restaurant.

"Das ist immer noch das größte Problem der Menschheit." Es sei wichtig, das Kind in sich herauszuholen, sagt die quirlige Italo-Amerikanerin mit Schweizer Wahlheimat. "Jeden Abend sind wir Kinder, die an eure Tür klopfen und mit euch spielen wollen!"

Die Vorstellung in der Oper Bonn am 29. Juni ist bereits ausverkauft. Mummenschanz gastieren am 13. und 14. August in der Kölner Philharmonie, Karten u. a. in den Bonnticket-Shops in den Zweigstellen des General-Anzeigers und bei bonnticket.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Stunde der Sieger
Abschluss Deutscher Musikwettbewerb in Bonn Die Stunde der Sieger
Zum Thema
Aus dem Ressort