Beethovenfest 2010 Festival-Abschluss in der ausverkauften Beethovenhalle

Keine Experimente mehr, hätte das Motto des Abschlusskonzertes des sich sonst sehr experimentierfreudig gebenden Beethovenfestes lauten können. Sir Neville Marriner und die von ihm gegründete Academy of St Martin in the Fields hatten das Programm ihres zweiten Bonner Abends ganz nach klassischem Muster gestaltet: Auftakt, Solokonzert, Finale.

 Veronika Eberle und Sir Neville Marriner bedanken sich beim Publikum für den Applaus.

Veronika Eberle und Sir Neville Marriner bedanken sich beim Publikum für den Applaus.

Foto: Danetzki

Bonn. Keine Experimente mehr, hätte das Motto des Abschlusskonzertes des sich sonst sehr experimentierfreudig gebenden Beethovenfestes lauten können. Der 86-jährige Sir Neville Marriner und die von ihm vor 51 Jahren gegründete Academy of St Martin in the Fields hatten das Programm ihres zweiten Bonner Abends ganz nach klassischem Muster gestaltet: Auftakt, Solokonzert, Finale.

Es war zugleich auch das Konzert mit der größten Prominentendichte des gesamten Festivals. Bundesaußenminister Guido Westerwelle war in seine Heimatstadt gereist, der britische Ex-Premier Tony Blair wurde ebenso in der ausverkauften Beethovenhalle gesichtet wie Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück.

An diesem Abend waren Zoltán Kodálys "Tänze aus Galanta" die gutgelaunte ungarische Ouvertüre für das Violinkonzert des Böhmen Antonin Dvorák, dem nach der Pause Beethovens Siebte folgen sollte. Im Falle der 1933 entstandenen "Galántai Táncok" hat Kodály nicht originäre Melodien seiner Heimat verarbeitet, sondern Zigeunerweisen.

Meinung Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Ins Offene"Das Verhältnis des Briten Marriner zu dieser Musik blieb allerdings ein klein wenig unterkühlt: Der Dirigent legte mehr Wert auf Sorgfalt als auf pure ungehemmte Musizierlust. Auch wenn Marriner und die Academey In den Tempo-Steigerungen bis zum finalen Allegro vivace ein bisschen hinter ihren Möglichkeiten zurück blieben, so ließen der schöne Ton der Celli, die agile Beweglichkeit der Violinen und das ausdrucksvoll gespielte Klarinettensolo des rhapsodischen Beginns die Fülle des Wohlklangs ahnen, die dem Publikum noch bevorstehen sollte.Für Antonin Dvoráks prachtvolles Violinkonzert hatte man mit Veronika Eberle eine erst 21-jährige Solistin verpflichtet, die auf dem besten Weg ist, sich einen festen Platz am immer voller werdenden Geigerinnen-Himmel zu erspielen. Ihre wichtigste Lehrerin ist die Münchner Geigenprofessorin Ana Chumachenko, aus deren Schule unter anderem auch Julia Fischer, Arabella Steinbacher und Lisa Batiashvili hervorgegangen sind.

Sie spielte das süffige Werk auf ihrer Stradivari mit einem hinreißenden Ton, der in der Tiefe eine sinnliche Fülle besitzt und in der Höhe eine bemerkenswert kultivierte Brillanz. Dabei wirkt sie ganz unprätentiös, ganz Dienerin der Musik. Veronika Eberle kann angriffslustig sein, und dann wieder mit wunderbaren Gesangslinien entzücken; den langsamen Satz gestaltete sie im Zusammenspiel mit Marriner und der Academy gleichsam als eine anrührende unendliche Melodie.

Im Finale hätte sie sicher noch ein wenig mehr Unterstützung durch das Orchester gebrauchen können, um das dieser Musik innewohnende Temperament noch mehr auskosten zu können, als sie es ohnehin tat. Nach dem begeisterten Beifall des Publikums bedankte sie sich mit dem zweiten Satz aus Sergej Prokofjews Solosonate, deren souveräne Virtuosität die technischen Schwierigkeiten des Stücks allenfalls noch erahnen ließ.

Schon in der langsamen Einleitung der siebten Sinfonie Beethovens, die nach der Pause auf dem Programm stand, überraschten Sir Neville Marriner und seine Academy mit ganz viel Temperament. Die "Poco sostenuto"-Einleitung zum Vivace im ersten Satz fesselte durch ihren eindringlichen, nicht nachlassenden Zug, der durch dramaturgisch geschickt artikulierte Akzente keine Sekunde an Kraft einbüßte.

Der Allegretto-Trauermarsch verband luzide Durchhörbarkeit des polyphonen Stimmengeflechts mit großer Expression. Das Scherzo und das finale besaßen Feuer und Leidenschaft, woran vom Konzertmeister bis zum Mann an der Pauke jeder seinen Anteil hatte. Was sie bei Kodály erahnen ließen, hier zeigten sie es: Die Briten können die Musik doch zum Tanzen bringen. Begeisterter Applaus!

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