Konzert Fraktus in der Kölner Live Music Hall
Köln · Anfangs kommen Zeitzeugen mit Gewicht und Stimme zu Wort: Dieter Meier von Yello, Stefan Remmler von Trio, H. P. Baxxter von Scooter und selbst Jan Delay, sie alle würdigen unisono Fraktus als Erfinder des Techno Sounds.
"Ohne Fraktus wäre ich nie auf die Idee gekommen, Musik zu machen", erklärt Baxxter. Regisseur Lars Jessen sah sich veranlasst, in seinem Film "Fraktus", der im vergangenen November in die Kinos kam, zumindest ein Kapitel der deutschen Popmusik-Geschichte neu zu schreiben.
Aber eine Dokumentation konnte es natürlich nicht werden, denn letztlich basiert die gesamte Fraktus-Wiedervereinigungsgeschichte nach 30 Jahren auf einer Idee des Hamburger Subversiv-Satire-Kollektivs Studio Braun. Sie ist ein respektlos ironisches Beispiel dafür, dass satirische Fiktion durchaus aufklärerischer wirken kann als die schnöde Wahrheit.
Das Film-Konzept hat aber auch live funktioniert, denn in der Kölner Live Music Hall wurde Fraktus von rund 1200 Fans euphorisch gefeiert. In beigen Uniformen mit Glühbirnen-Logo und den Sicherheitsvisieren, die mit farbigen LEDs bestückt waren, wirken Thorsten Bage, Dickie Schubert und Bernd Wand, so die neuen Pseudonyme von Heinz Strunk, Rocko Schamoni und Jacques Palminger, wie eine billige Kraftwerk-Parodie.
Fraktus, die auf der Bühne so manchen Comedy-Spaß zelebrieren, begehen nicht den Fehler, Klassiker des Elektro-Pop einfach zu persiflieren. Mit genialem Gespür werden bei Liedern wie "A.D.A.M", "Supergau" oder "Affe sucht Liebe" unterschiedliche musikalische Merkmale, die textliche Naivität der Neuen Deutschen Welle, der melodische Minimalismus von Kraftwerk, die martialische Düsternis von DAF oder die Eingängigkeit von Visage isoliert und dann jeweils neu verknüpft.
Zum Finale wird mit "Mariacron" gar ein Elektro-Karnevalslied mit Bezügen zu "Johnny Walker" von Westernhagen und dem "Eisgekühlten Bommerlunder" der Toten Hosen kreiert.
