Pianist in Köln Francesco Tristano in der Philharmonie

Köln · Ein schlanker, schwarz gekleideter, etwas androgyn wirkender Jüngling mit lockigem Haar betritt die Philharmonie in Köln - Francesco Tristano. Zum Namen des Luxemburgers vom Jahrgang 1981 gehört eigentlich noch ein abschließendes "Schlimé", aber das liest sich nicht so romantisch wie die Kurzform.

Mit Romantik hat der Pianist freilich nicht viel am Hut, sein besonderes Interesse gilt experimentellen Programmen und Aktivitäten. Diese Verschmelzung überträgt sich auch auf Tristanos eigene Werke.

Bei Soloauftritten vermeidet der Pianist orthodoxe Klassikstandards, sucht lieber nach Verbindungslinien zwischen Komponisten oder Epochen, wie etwa seine CD "bachCage" (2001) zeigt.

Mit seiner neuesten CD-Veröffentlichung "Long Walk", deren Programm er derzeit auf einer Tournee gibt, untersucht Tristano allerdings Verbindungslinien zwischen Bach und seinem älteren Zeitgenossen Dietrich Buxtehude, zu dem Bach als Zwanzigjähriger pilgerte, um bei ihm zu lernen.

Buxtehudes Aria mit 32 Variationen "La Capricciosa" (BuxWV 250) hat er sogar noch in seinen späten "Goldberg-Variationen" zitiert, und Tristano übernimmt Stilelemente und Klänge dieser beiden Barockgrößen in seine eigenen Schöpfungen, reichert sie freilich mit Live-Elektronik an.

Diese klangmalerisch fantasievolle und rhythmisch energische Musik vermag selbst orthodoxe Klassikfreunde anzusprechen, welche Tristano als Publikum freilich nicht vorrangig im Visier hat. Eines irritierte bei Francesco Tristanos Kölner Auftritt allerdings nachhaltig, nämlich die Interpretation der Buxtehude- und Bach-Originale.

Tristano spielte an diesem Abend engagiert, durchaus akkurat, aber mit nur wenigen Zwischentönen, ohne echte Eleganz, mitunter fast eckig, im Tempo reichlich maschinell.

Klavierkollege Lars Vogt ließ sich per Internet wie folgt vernehmen: "Bach mit schnellen Fingern, aber ohne Ahnung." Hart formuliert, aber nicht ganz unwahr.

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