Poetry Slammer Nico Semsrott "Freude ist nur ein Mangel an Information"

Bonn · Poetry Slammer Nico Semsrott präsentiert im Haus der Springmaus seine Spielart der Stand-up-Tragedy. Schon mal 'was von Stand-up-Tragedy gehört? Nein, nicht? Aber dafür vielleicht von Nico Semsrott: auf Facebook oder bei You Tube?

Ja, genau der Typ, der die Kapuze seiner dunkelbraunen Sweatshirtjacke tief in die Stirn gezogen hat, der offenbar Wert auf einen linkischen bis lustlosen Eindruck legt und so weit geht, zu sagen, dass Freude nur ein Mangel an Information sei.

Nun wäre es sicher vermessen, zu behaupten, das alles sei bloß eine Masche. Sagen wir mal so: Herr Semsrott füllt eine Marktlücke, und dabei stellt er sich nicht halb so ungeschickt an, wie er andere gern glauben machen möchte. So wie jetzt das Publikum im Haus der Springmaus, das seinen Auftritt wohl einzuordnen wusste und nichts weiter dabei fand, dass die Depressionen anderer zuweilen so richtig Spaß machen können.

Aber um wieder zum gebotenen Ernst zurückzukehren: Der Mann, der aus der Poetry-Slam-Szene kommt, hat dort Preise noch und nöcher eingesammelt, bevor er sich traute, sich auch mal ein Stück weit vom Textblatt in seinen Händen zu lösen und mit seinem ersten Soloprogramm auf die Bühne zu gehen.

Keine üble Idee, denn seine Gedanken lohnen die Aufmerksamkeit. So fragt Nico Semsrott, ob das Leben inzwischen nur noch ein "Investitionszeitraum" sei, warum wir ein Fristendasein fristen und warum jeder Arbeitsplatz einen Menschen hat, aber nicht jeder Mensch einen Arbeitsplatz.

"Und warum gibt es keine Nein-Stimmen bei der Bundestagswahl? Dann hätte sich das mit der FDP doch schon lange erledigt." Für solch konsequentes Kreuz- und Querdenken, für diese Art, die Dinge auf den Kopf zu stellen, indem man ihnen einfach mal ein anderes Vorzeichen verpasst, hat Semsrott schon den NDR-Comedy-Contest 2011, den Karl-Marx-Poesie-Preis und den Stuttgarter Besen (Publikumspreis) bekommen. Ihn selbst macht das wirklich traurig: "Für einen Loser bin ich ein ziemlich schlechter Verlierer."

Stimmt. Aber zumindest war es für sein Bonner Publikum alles in allem doch ein recht kurzweiliger Abend. Na, und ist das denn etwa nichts?

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