Fröhliche Eiszeit - der Eskimo kommt

Bonner Kunstjahr 2001 hat es in sich - Hier die Höhepunkte: Von Hockney bis Ryman, von Brueghel bis Kandinsky, von Chillida bis zur Videonale 9

Fröhliche Eiszeit - der Eskimo kommt
Foto: Katalog

Bonn. Während auf den Bonner Bühnen inzwischen Kassandra den Ton angibt, ist bei den Museen von Finanzknappheit (noch) kaum etwas zu spüren. Was vielleicht auch daran liegt, dass man im Museum tricksen kann - in Grenzen natürlich -, indem man weniger Ausstellungen länger laufen lässt.

Das Bonner Angebot für 2001 muss sich jedenfalls nicht verstecken - 2001 wird das Jahr der großen Maler. Schon einmal angekündigt war zum Beispiel der durch seine ungeheuer blauen Pools bekannte Star David Hockney. Gemeinsam mit dem Centre Pompidou in Paris wollte ihn die Bundeskunsthalle damals präsentieren. Deren Chef Wenzel Jacob aber stornierte dann das Projekt, weil man sich nicht einigen konnte. So machte Paris seine eigene Ausstellung und Bonn kommt größer ''''raus - verspricht Jacob -, unter anderem mit einem exklusiven Zyklus des 63-jährigen Briten, der in Los Angeles lebt. Mehr als 110 Gemälde zeigt die Bundeskunsthalle ab 1. Juni.

Den gehaltvollen Blick zurück wirft man dort im letzten Quartal 2001: Erstmals präsentieren sich die Sammlungen von Thyssen-Bornemisza und Carmen Thyssen-Bornemisza in einer Ausstellung, es geht um edle Landschaftsmalerei, die Protagonisten sind Brueghel und Watteau, van Gogh und Picasso, Kirchner und Kandinsky.

Einen ganz besonderen Maler des 20. Jahrhunderts schickt das Kunstmuseum Bonn ins Rennen: Robert Ryman, der in einschlägigen Kreisen als "malender Eskimo" bezeichnet wird und Kritiker wie Publikum immer wieder begeistert, weil er ihnen vorführt, wie aufregend und vielgestaltig die Farbe Weiß sein kann. Zurzeit beglückt Ryman die Münchner, deren Haus der Kunst zusammen mit dem Bonner Kunstmuseum die Schau erarbeitete. Ab März erleben die Bonner ihr weißes Wunder.

Ein weiteres, in Deutschland nicht so oft erlebbares Schwergewicht der Malerei hat das Arithmeum im Programm: Dem Meister der geometrischen Malerei, Leon Polk-Smith (Juli bis Oktober), wird eine Ausstellung gewidmet, deren Bilder aus den Künstlernachlass und dem Brooklyn Museum New York kommen. Weitere Höhepunkte im Ausstellungsjahr des Arithmeums: Eine Retrospektive von Leo Breuer (ab Januar) und - gemeinsam mit dem Münchner Lenbachhaus - eine Werkschau von Günter Fruhtrunk, einem der versiertesten Vertreter der Konkreten Malerei, ein Rhythmiker der Farbe (ab Oktober).

Malerei freilich ist nicht alles, das Jahresprogramm 2001 bewegt sich auch in anderen Gattungen und Medien. Mit Spannung wird die Videonale im Bonner Kunstverein erwartet, die in ihrer neunten Folge unter dem neuen Kurator Sìren Grammel zeigen will, wo es im 21. Jahrhundert mit Video und CD-ROM weiter gehen soll (27. April bis 5. Mai).

Das Medium Fotografie ist mit einer Reihe viel versprechender Ausstellungen vertreten. So richtet die Bundeskunsthalle dem Enfant terrible Jürgen Klauke die erste Retrospektive seines fotografischen Werks aus. Peter Weibel, Chef des Zentrums für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe, steht hinter diesem Projekt mit dem Titel "Absolute Windstille" (März bis Juli). In eine fremde, unnahbare (Unter-)Welt entführt Andreas Magdanz sein Publikum. Der Titel seiner Ausstellung in der Alten Rotation des GA lautet amtlich "Dienststelle Marienthal", gemeint ist in der Schau des Rheinischen Landesmuseums Bonn (Februar bis April) der ehemalige Regierungsbunker südlich von Bonn, den der Fotograf erforschte.

Die Erforschung des eigenen Körpers stand im Vordergrund der Arbeit der 1998 in Basel gestorbenen Bildhauerin und Fotografin Hannah Villiger. Der Kunstverein präsentiert diesen verwirrenden Kosmos (ab November). Einem noch eher unbekannten Klassiker der Moderne, Alfred Erhardt, widmet das Kunstmuseum eine mit etwa 120 Vintage prints üppig ausgestattete Schau aus der Sammlung von Ann und Jürgen Wilde (September bis November). Der Blick zurück auch im August-Macke-Haus, wo das kunstgeschichtliche Umfeld des Patrons erneut um viel versprechende Facetten erweitert wird: Heinrich Campendonk und sein Kokoschka-Erlebnis (Februar bis April), Holzschnitte von Gabriele Münter (April bis Juli), die Momentaufnahme "Ankunft 21.1.1913, 16.00 h Apollinaire, Delaunay, Ernst bei Macke in Bonn" (Juli, September).

Das Spektrum der grafischen Kunst ist 2001 breit gestreut, was insbesondere dem Kunstverein - er zeigt in der Reihe "Stars and Stripes" die junge Britin Katja Davar - und dem Kunstmuseum zu verdanken ist. Dort setzt man die beachtliche Serie "Zeichnung heute" fort, deren dritte Folge Steffan Baumkötter, Suse Wiegand und Isabel Zuber präsentiert (Mai bis August). Und außerdem setzt man Eduardo Chillida (April/Mai) und Ulrich Rückriem (Juni bis September) in Szene, zwei Bildhauer, die in der Zweiten Dimension häufig ihre größten Geheimnisse verraten. Ein Mann, der die Dritte Dimension auf den Kopf stellt, ist John Bock, bekannt aus den "Zeitwenden". Die Kunstverein zeigt Installationen - es sind stetig anwachsende Felder von Reliquien und filmischen Dokumenten - dieses in Berlin lebenden Künstlers.

Archäologisch klingt das Ausstellungsjahr in der Bundeskunsthalle aus: "Troja - Traum und Wirklichkeit" (ab November) und "Die Hethiter - Das Volk der 1000 Götter" (ab Dezember).

Die kompletten Vorschauen der Ausstellungsinstitute erscheinen nach und nach auf der "Zeiträume"-Seite des GA-Journals.

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