"Frühstück bei Kellermanns" im Bonner Contra-Kreis

Ursula Hauckes heiter-besinnliches Stück könnte professionelle Familienratgeber glatt arbeitslos machen

  Szenen einer Ehe:  Heidi Mahler und Michael Koch.

Szenen einer Ehe: Heidi Mahler und Michael Koch.

Foto: Contra-Kreis-Theater

Bonn. "Papa, Charly hat gesagt, sein Vater hat gesagt" - vieles von dem frech naiven Witz der in den 70er Jahren so beliebten Rundfunk-Sendereihe, überwiegend verfasst von Ursula Haucke, blitzt auch in den vier Frühstücksgesprächen des Ehepaars Kellermann wieder auf. Hauckes heiter-besinnliche Szenen einer Ehe feierten jetzt imContra-Kreis-Theater ihre mit viel Beifall bedachte Premiere.

Angerichtet hat das "Frühstück bei Kellermanns" Ohnsorg-Star Heidi Mahler, die in der Rolle der Lotte Kellermann den Hamburger Tonfall nicht ganz verleugnet - in Bonn spielt sie's zum ersten Mal auf Hochdeutsch.

Und Regie führt sie nicht nur bei der Inszenierung dieses geistreichen kleinen Blicks ins bürgerliche Familienleben, sondern mit leichter Hand auch als sympathische Lotte am Frühstückstisch, wo der sonntägliche Frieden schnell ins Wanken gerät, weil sie ein Ei zuviel gekocht hat. Was ihren Gatten Rudi von seiner morgendlichen Zeitungslektüre aufschrecken lässt.

Michael Koch, im wirklichen Leben seit mehr als 20 Jahren mit Heidi Mahler verheiratet, spielt den Patriarchen, der die Zeichen der Zeit noch nicht so ganz begriffen hat und am liebsten aus seinem rotkarierten Pyjama (pfiffige Ausstattung von Félicie Lavaulx-Vrécourt) springen würde, wenn er erfährt, dass das 18-jährige Töchterchen Bärbel das Sonntagsfrühstück nicht in ihrem Zimmer daheim, sondern bei einer Freundin in Plittersdorf verschlafen hat.

Gattin Lotte nimmt's gelassen, hat nichts gegen nette Kerle auf den Partys der erwachsenen Mädchen und nicht mal Sorgen wegen des Bruders von Bärbels Freundin. Der 23-jährige Sohn Thomas ist längst aus dem Familiennest in eine WG geflattert, was die Nutzung der Waschmaschine im Hotel Mama natürlich nicht ausschließt.

Gebügelt wird Sohnemanns regelmäßig am Dienstag gebrachte Wäsche jedoch nicht mehr, hat Mama gesagt, und wenn Papa zum ehelichen Glück ein Hemdknopf fehlt, muss er das schon selber sagen. Vielleicht sogar mal sonntags morgens mit der Kaffeemaschine kämpfen, damit Lotte das übrig gebliebene Frühstücksei so hübsch wütend köpfen kann, als ob Rudis Starrkopf drinsteckte.

Rudi verdrückt sich mit Kumpel Herbert zum Pferderennen, Lotte gönnt sich nach dem Weichei-Frühstück einen Wellness-Sonntag mit Rosenblütenbad, Piccolo und ziemlich viel Kartoffelchips. Das Telefon klingelt dramaturgisch fleißig bei Kellermanns, und Rudi ist selbstverständlich nicht da, was als running gag etwas mühsam würde, wenn Lotte nicht so locker ihr Herz für Schwiegermutter, Schwägerin mit anscheinend schwangerer Tochter, die arme Rentnerin Piepenkötter und alle neuen Beziehungen ihrer flüggen Sprösslinge auf der Zunge zeigen würde. Und ihrem geliebten Rudi auch mal die Zähne.

Lotzte will nicht mehr nur Gattin und Mutter sein, sondern ist eine tüchtige Frau, die sich die Butter zum sonntäglichen Frühstückstoast im Alltag selbst verdienen kann. Sogar einen richtig aufregenden seidenen Morgenmantel und das neue große Bett in Bärbels frei gewordenem Zimmer, wo jetzt die ehelichen Schnarchattacken abgefedert werden könnten. Das bisschen Haushalt macht frau doch mit links.

Dass die spitzzüngigen flotten Dialoge hier eher nach saturierter Elbchaussee klingen als nach kleinbürgerlicher Bonner Autowerkstatt, stört nicht sonderlich. Die Zukunft liegt ohnehin in den Golf-Emiraten. Oder bei den Frauen, die ihren angetrauten Schnarchnasen die Möbel zurechtrücken und dabei geschickterweise ein Zimmer für sich selbst erobern.

"Frühstück bei Kellermanns" - dieses Stück ist ein hinterhältig leises, komisches Vergnügen, das ein paar professionelle Familienratgeber glatt arbeitslos machen könnte.

Bis zum 2. Dezember fast täglich um 20 Uhr auf dem Spielplan des Contra-Kreises. Karten unter anderem in den Geschäftsstellen des General-Anzeigers und online im GA-Ticketshop.

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