„Klassik in der Scheune“ Für Wolfram Lehnert ist das Orchester nicht genug

Bonn · Seit 30 Jahren auf Entdeckungsreise: Wolfram Lehnert und sein Ensemble van Beethoven bieten in der Reihe „Klassik in der Scheune“ verlässlich ungewöhnliche Programme. Dabei präsentieren sie häufig unbekannte musikalische Kostbarkeiten.

 Der Geiger Wolfram Lehnert vor der Zehntscheune des Klosters Heisterbach.

Der Geiger Wolfram Lehnert vor der Zehntscheune des Klosters Heisterbach.

Foto: Frank Homann

Die Pilgertour zum Kloster Heisterbach kann für musikbegeisterte Menschen auch schon mal zu einer Entdeckungsreise werden – wenn sie in der Zehntscheune eines der Konzerte des Geigers Wolfram Lehnert und seines Ensembles van Beethoven besuchen. Die Programme seiner Reihe „Klassik in der Scheune“ sind verlässlich ungewöhnlich, bieten häufig unbekannte Kostbarkeiten und reichen von der Musik der Zeitgenossen Beethovens bis zum klassisch angehauchten Jazz. Musikalisches Rückgrat ist das Ensemble van Beethoven, das Lehnert vor genau 30 Jahren in Bonn gründete.

Damals war er ein junger Musiker voller Tatendrang, das Konzertexamen in der Tasche und seit 1988 Geiger im Orchester der Beethovenhalle. Doch die Arbeit in den Reihen der ersten Violinen im Konzertsaal und im Orchestergraben der Bonner Oper reichte ihm nicht. „Ich war solistisch ausgebildet und wollte das auch ausleben.“ Dazu traf er sich mit Kolleginnen und Kollegen des Bonner Orchesters, die wie er begeisterte Kammermusiker waren. Mit ihnen zusammen wollte er sich einen Traum erfüllen, der ihn schon seit seiner Studienzeit begleitete. Lehnert: „Meine Leidenschaft war immer schon die vielseitige Kammermusik mit Streichern, Bläsern, aber auch mit Harfe oder Klavier.“ Ein „Ensemble varié“, wie der frankophile Musiker seine sich immer wieder neu formierende Musikertruppe nennt. Der Vorteil gegenüber festen Ensembles: „Man hat alle Möglichkeiten und kann alle Instrumente integrieren. Ich habe sogar schon ein Stück mit Geige und Tuba gespielt.“

Lehnert akquiriert bis heute Mitspieler aus dem Beethoven Orchester

Als „ein Ensemble, das höchsten Ansprüchen gerecht wird“, bezeichnete der „General-Anzeiger“ Lehnert und seine Musiker  nach dem ersten Konzert vor 30 Jahren im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses. Schon damals spielten sie Lehnerts Ideen gemäß Musik, die den Geist des Ensembles programmatisch umreißt. Darunter Maurice Ravels Komposition „Introduction und Allegro” für Harfe, Flöte, Klarinette und Streichquartett und Max Regers Klarinettenquintett, beides Werke die nun als Jubiläumskonzert zum Start der diesjährigen  Saison der „Klassik in der Scheune“ am 1. Mai im Kloster Heisterbach erklingen werden. Lediglich die Musiker sind mittlerweile andere. „Ich bin das einzig noch verbliebene Originalmitglied“, sagt der Primarius und Gründer des Ensem­bles Lehnert. Eine wichtige Konstante: Bis heute ist das Beethoven Orchester der Pool, aus dem Lehnert seine Mitspielerinnen und -spieler akquiriert. Mittlerweile sind sie oft deutlich jünger als Lehnert. Darin sieht der erfahrene Musiker jedoch auch eine Chance für sich selbst: „Man lernt sehr viel von den jüngeren Kollegen.“ 

Eine Leidenschaft Lehnerts ist die Recherche nach historischem Aufführungsmaterial, wie zum Beispiel Kammermusik-Arrangements insbesondere der Sinfonien Beethovens, die längst zu einer Spezialität seines Ensembles geworden sind. Auch für das Werk des Bonner Komponisten Ferdinand Ries macht sich Lehnert seit zwei Jahrzehnten stark. Ries war nicht nur hochtalentierter Schüler Beethovens, sondern auch dessen lebenslanger Freund und Biograf. Als Direktor der London Philharmonic Society vermittelte Ries den Auftrag zur Komposition der neunten Sinfonie an Beethoven. Solche Querverbindungen findet Lehnert ungeheuer spannend. Aus den Programmen der Reihe „Klassik in der Scheune“ ist Ries nicht mehr wegzudenken. Am 19. Juni spielt das Ensemble van Beethoven ein klangintensives Oktett des Bonner Musikers.

Am Ende des Gesprächs sagt Leh­nert: „Ich bin stolz darauf, dass ich mit diesen unbekannten Programmen Erfolg hatte und einen Fußabdruck hinterlassen konnte.“ Zu Ende aber ist seine Reise mit dem Ensemble noch lange nicht.

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