Meredith Monk in der Philharmonie Gebetsmühlen im Konzertsaal

Köln · Bemüht: Die amerikanische Performance-Künstlerin Meredith Monk in der Kölner Philharmonie. Ob man Monks Ästhetik mag oder nicht – es ist und bleibt eine Ästhetik. Nur vor Ort in der Philharmonie hat sie nicht funktioniert.

 Verzicht auf Kunstfertigkeit: Meredith Monk.

Verzicht auf Kunstfertigkeit: Meredith Monk.

Foto: Thomas Brill

Die ersten Performances der Amerikanerin Meredith Monk im New York der 1960er Jahre fallen mit den Anfängen der Fluxus-Bewegung zusammen. Das „klassisch Schöne“ der etablierten Ästhetik wird negiert, man sucht nach neuen Ausdrucksformen. 1966 hat Monk in ihrem Tanztheater „16 Millimeter Earring“ das Credo ihrer Performances exemplarisch formuliert: Zusammenwirken von Bewegung, Musik, Theatralik, Film und Architektur, mit der Stimme als zentralem Faktor.

Das propagiert nicht weniger als das Gesamtkunstwerk in einer für damalige Verhältnisse revolutionären ästhetischen Aufbereitung. Monks Gastspiel in der Kölner Philharmonie hat das Publikum mit der Nase darauf gestoßen, dass das jetzt alles ein halbes Jahrhundert her ist.

Begonnen hat der Abend mit der 1977er Filmfassung „16 Millimeter Earring“. Nach 25 Minuten ging's live mit Monks Quartett weiter: „Shards“ – Scherben – Auszüge ihrer Produktionen von 1969-73. Rund 50 Jahre und zahllose Kunstpreise später fragt man sich, wie viel Innovativkraft noch übrig ist und wie viel zur Pose erstarrt ist.

Auf der Bühne der Philharmonie endete der bewusste Verzicht auf Kunstfertigkeit im Leeren. Das aber wird kaum das gewesen sein, was sich Fluxus seinerzeit vorgenommen hat. Nichts gegen repetitive Patterns, wenn sie denn die Qualität der Minimalisten erreichen und durch strukturelle Veränderungen über sich selbst hinauswachsen.

Hier aber wiederholten sich die Keyboardmuster mit der Monotonie von Gebetsmühlen. Monks spezielle Gesangstechniken haben es schwer, vor dem Hintergrund dieser „arte povera“ ihre hypnotischen Effekte zu entwickeln. Dem Ganzen haftete in dieser Form ein schaler Nachgeschmack von Bemühtheit an. Die Bewegungsanteile wirkten in diesem Szenario unbeholfen, seltsam archaisch in der Ritualhaftigkeit des Schreitens und Gestikulierens bei Kerzenbeleuchtung.

Auch das Bespielen des Raums macht in der Philharmonie an der Bühnenkante halt. Ein Konzertsaal ist nun mal seiner Funktionalität nach ein Guckkasten, Interaktion mit dem „privaten“ Zuschauerbereich sind architektonisch nicht vorgesehen. Dass Meredith Monks Performances aber viel Kraft ableiten aus der Art, wie die Künstlerin mit Räumen umgeht, zeigte der Filmeinspieler zum Schluss des Abends: „Songs of Ascension“, 2008 gedreht am kalifornischen Ann Hamilton's Tower. Ob man Monks Ästhetik mag oder nicht – es ist und bleibt eine Ästhetik. Nur vor Ort in der Philharmonie hat sie nicht funktioniert.

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