Gelungener Abschluss des Bonner Jazzfests

Der Abschluss des Bonner Jazzfests wurde gebührend gefeiert: Stephen Tharp präsentierte großartige Klänge in St. Joseph, die Konzerte in Brühl und in der Lutherkirche begeisterten das Publikum.

Sankt Joseph. Zum Glück hatte Stephen Tharp nur die Noten des kürzesten Stückes des Abends, eine Arabesque von Olivier Latry, in den USA vergessen.

Mit dem Salve Regina spielte er in St. Joseph ein ungleich längeres Werk seines Organistenkollegen, der in vier Wochen auch selbst an der Oberlinger-Orgel in Beuel gastiert.

Tharp widmete sich dem Werk mit Nachdruck und lotete die Stimmungen der kurzen Sätze wirkungsvoll aus. Die eingangs gespielte Toccata Labyrinth von David Briggs überzeugte eher durch ihre technisch-sportive Seite.

Dass Tharp musikalisch mehr kann, zeigte er mit César Francks Prière. Eine feinfühlig dosierte Agogik, schön ausgespielte Mittelstimmen und vor allem die planvoll inszenierte dynamische Gestaltung erzeugten den Eindruck einer tiefen Innerlichkeit.

Den Abschluss bildete die Toccata aus der Symphonie Concertante von Joseph Jongen, die Tharp für Orgel zu vier Händen transkribiert hat. Unterstützt wurde er hier von Jackson Borges. Das klangliche Ergebnis war opulent und schlichtweg großartig. Guido Krawinkel

Schloss Augustusburg. Einblicke in die Werkstatt eines Workaholic gab das Ensemble NeoBarock um den Violinisten Volker Möller bei den Brühler Schlosskonzerten.

"Metamorphosen" ist das aktuelle Programm überschrieben aus einer Reihe fundiert recherchierter Rekonstruktionen von Kammermusik und Konzerten Johann Sebastian Bachs.

Der hatte Zweit- und Drittverwertung eigener Kompositionen betrieben durch Umarbeitung mit geänderter Instrumentierung. Im eiligen Tagesgeschäft kam da das Autograph bisweilen unter die Räder.

Mit erfrischendem Schwung wird geschmackvoll musiziert, Bach von Patina befreit. Im Gegensatz zu der Ecken und Kanten betonenden Lesart anderer Spezialisten historisischer Aufführungspraxis, hat NeoBarock eine neue "Fülle des Wohllauts" im Ohr.

Zu hören waren Rekonstruktionen (zum Teil der Urfassungen) der Sonaten BWV 1038 und 1039, sowie der Konzerte BWV 1041, 1052, 1053 und 1064 in Bearbeitungen für Violine(n) und/oder Viola, sowie für Cembalo, Streicher und Basso continuo. Fritz Herzog

Lutherkirche. Johann Sebastian Bachs "Goldberg-Variationen" (BWV 988) aus dem Jahr 1741 sind im planvollen Aufbau und der konzentrierten Entwicklung wohl einzigartig in der Musikgeschichte.

Die "Clavier-Übung bestehend aus einer Arie mit verschiedenen Veränderungen" spielte das Artland Trio Osnabrück in der Lutherkirche in der Transkription für Streichtrio von Dmitri Sitkovetsky (1984).

Bachs kunstvollem Kalkül begegneten Christian Heinecke (Violine), Gabriele Heinecke (Viola) und Susanne Lamke (Cello) vom ersten Moment mit großer Sinnlichkeit. Schmerzvolle Dissonanzen gehörten in den langsamen der insgesamt 30 Variationen ebenso dazu, wie unbeschwert wirkende Heiterkeit in den tänzerisch angelegten Teilen.

Die im Verlauf deutlich zunehmenden virtuosen Anforderungen meisterte das Trio mit scheinbar selbstverständlicher Leichtigkeit. Phänomenal, dass man die wieder erklingende Arie zum Abschluss mit ganz anderen Ohren wahrnimmt als zu Beginn. Viel Applaus gab es dafür. Thomas Kirchhoff

Leoninum. Der kreative Umgang mit Improvisation und Kommunikation durchzog als roter Faden die Konzerte des erfolgreichen ersten "Jazzfestes Bonn".

Beim Abschlusskonzerts im Collegium Leoninum war zunächst das junge Trio "Kokotob" zu hören, das mit Marimba und Vibraphon, Klavier und Klarinette seine Nähe zur neuen improvisierten Musik und durchkomponierten Strukturen ganz deutlich in den Vordergrund stellte.

Ganz anders hingegen agierten im zweiten Teil des Konzerts Rita Marcotulli und Andy Sheppard an Klavier und Saxofon.

In den Kompositionen des Duos und deren Ausführung sind die individuellen Möglichkeiten der Instrumentalisten ebenso bereits angelegt, wie die Erfolgsaussichten auf gelungene Wechselwirkung im Rahmen einer Live-Aufführung.

Die Stücke scheinen gleichsam während des Vortrags zu entstehen. Diese künstlerische Finesse schafft eine ganz besondere Spannung und Aufmerksamkeit zwischen Publikum und Künstlern und verleiht so dem Geschehen die Aura des Authentischen. Robert Fontani

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