Pantheon Casino Gerd Dudenhöffer liest Gedichte

BONN · Wo ist er hin - der Inbegriff des deutschen Spießbürgers mit provinziellem Dialekt, begrenzter Weltsicht und der Kapp auf dem Kopp? Und wer soll stattdessen der distinguierte Herr im dunklen Anzug, mit weißem Hemd und Krawatte, schwarz umrandeter Brille und silbergrauen Haaren auf der Bühne des Pantheon Casinos sein?

Gerd Dudenhöffer: So stand es auf dem Plakat vor dem Eingang. Gerd Dudenhöffer? Der mühelos den großen Saal nebenan hätte füllen können? Aber halt, da stand auch noch etwas anderes: "Lyrische Gedichte und mehr". Und die scheinen doch tatsächlich einen Großteil des sonst sicheren Publikums "verschreckt" zu haben.

Kurzum: Diese Lesung findet vor handverlesenem Publikum statt. Was eigentlich schade ist, denn auch die Gedichte und Kurzgeschichten haben den hintergründigen Witz, der die Bühnenfigur Heinz Becker auszeichnet. Hätte sein Alter Ego sich nur etwas mehr Zeit für sie genommen. Dudenhöffer eilt durch seine Texte, als müsse er den Intercity-Express nach Saarbrücken am selben Abend noch unbedingt erwischen.

Sicher, man könnte in seinem 1998 erschienenen Gedichtband "Opuscula" oder in dem 2001 veröffentlichten Nachfolger "Opuscula nova" nachschlagen. Aber das ist doch nicht ganz dasselbe wie das seltene Vergnügen, die Zeilen von des Meisters Lippen selbst zu hören.

Es geht um Männer und Frauen, um Lebenslügen und um einen grauen Pullover, der die grundlegenden Missverständnisse zwischen Paul und Yvonne offenbart - natürlich direkt unterm Weihnachtsbaum. Ein wunderbares Stück Peinlichkeit, das an Loriot erinnert. Wenn das Vergnügen also auch (zu) kurz war: Dudenhöffers Schalk und sein Sinn für geschliffene Boshaftigkeit brauchen eigentlich keine Kapp mehr oben drauf.

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