Kunstmuseum Bonn Gletscher-Expedition für Jung und Alt

"Kann Dunkelheit die Augen öffnen?", lässt Kuratorin Sabine Leßmann ein Druckbuchstabenband fragen, das entlang der Holzwand einer betretbaren Holzbox läuft. Antworten auf diese Gretchenfrage und überhaupt zum Brennpunkt Wahrnehmung, Entdeckung, Bewegung und Verarbeitung von Sinneseindrücken verdichten sich in Kerstin Ergenzingers Projekt "zeich(n)en".

 Kerstin Ergenzinger (vorne, zweite von links) im Gespräch mit jungen Gästen im Kunstmuseum.

Kerstin Ergenzinger (vorne, zweite von links) im Gespräch mit jungen Gästen im Kunstmuseum.

Foto: Franz Fischer

Die fesselnd komplexe Eroberung von Natur- und Gedankenräumen bildet den 15. Meilenstein der Reihe "Ausstellung für Kinder und Jugendliche", traditionell bekannt als generationsübergreifende Herausforderung und Ideenspielwiese, anberaumt in einem Sammlungsraum des Kunstmuseums Bonn. Die "Raumkiste" komprimiert gleich einem Nukleus die Grammatik von in sich geschlossenen Installationspartituren. Zu bestaunen ist das gleitende Kommen und Gehen von Licht-Schatten-Sstreifen, die sich zu signalhaften Raumskizzen verbünden.

Was nehmen wir wahr und wie weit reicht unsere Wahrnehmung? So lauten Kernfragen der ausgiebig ausgezeichneten Berliner Meisterschülerin (Harro Jacob), Schülerin von Thomas Rentmeister und Valie Export. Sinnlichkeit, Sensibilität, ein naturwissenschaftlich investigativer Blick und ein mit Bleistift, Tuschfeder, Kamera, Licht und patentreifen elektronischen Konstruktionen operierender Experimentierdrang charakterisieren die 1975 in Gomadingen geborene Wahlberlinerin.

Die Teilnahme an Wanderungen, etwa durch die Pyrenäen, Rocky Mountains oder gar durch grönländische Gletscherzonen, ermöglichen großartige Freiluftskizzen, die vielfach topografischen Bestandsaufnahmen gleichen. Das Auge durchmisst die majestätische Weite von Gebirgssilhouetten, die unendliche Weite von Horizonten, beobachtet die Flüchtigkeit, Trugbildähnlichkeit von Wolkenformationen.

Die teils statische (Bleistiftzeichnung, fest montierte Drahtskizzen), teils mobile Wandzeichnung "Intrusion" fordert das Auge zu einer detailversponnen und gleichzeitig tückischen Gletscherexpedition heraus. Gegenüber auf scheinbar schwindelnden Höhen, zwischen Räumen und Zeiten unterwegs sind sieben "Wanderer", deren individuelle Reisereportagen durch sieben, an Flugschreiber erinnernde Grafikspulen dokumentiert werden.

Ein Magnet für Jung und Alt bildet schlussendlich das per Diashow zitierte Projekt "Myopian Survey". Hieran und an die Herz und Sinne öffnende Welt der Berge knüpfen Workshops wie "Kleiner Berg oder großer Kristall" und "Berge und Kristalle stehen uns Modell" an.

Kunstmuseum Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 2; bis 25. Januar 2015. Katalog 15 Euro

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