Grandiose Bühnenshow von Eros Ramazzotti

Das Musikwochenende in der Region hatte viel zu bieten: italienischer Frauenschwarm in Köln, Bläserquintett im Kammermusiksaal, Crossroads-Festival in der Harmonie und das Fauré-Requiem in der Lutherkirche.

Grandiose Bühnenshow von Eros Ramazzotti
Foto: dpa

Lanxess-Arena Köln. Eros Ramazzotti ist inzwischen 46 Jahre alt, stark ergraut, im Gesicht entschlackt und deutlich konturiert. Mit ausgebeulten Jeans und kleinem Bäuchlein wirkt er nicht viel anders als einer der männlichen unter 11 000 Fans in der Kölner Lanxess-Arena, die den Sänger aus Cinecittà begeistert begrüßen.

Und, in den nächsten 120 Minuten, wild feiern werden. Das haben sich Signore Ramazzotti und seine grandiose Band auch verdient. Denn das Konzert bietet eine tolle Bühnenshow, alte ("Terra Promessa") und neue ("Parla Con Me") Hits. Und einen Frontmann, der stimmlich voll auf Kurs ist. Und, noch während des Intros, ein Sex-Appeal entfaltet, das selbst George Clooney blass aussehen lässt.

Frauen fliegen auf diese Mischung aus tollpatschigem Teddybär und Latin Lover, aus kleinem Jungen mit Räuberfaktor und Gentleman mit großer Geste. Und wenn dieser verführerische Typ dann auch noch so singen kann wie Ramazzotti, mit schartigsamtigem Timbre, bardenschönem Glasklang oder rockigbrutaler Stärke, manchmal sich selbst, die Beatles oder die Scorpions karikierend, weder Höhen noch Tiefen fürchtend und selbst ganz ohne Band, nur mit akustischer Gitarre, noch überzeugend, dann sind Beuteljeans und Bäuchlein vergessen.

Susanne Schramm

Kammermusiksaal. Mit seinem "Opus Number Zoo" für Bläserquintett hat Luciano Berio die Reihe musikalischer Tierschilderungen um ein ziemliches skurriles Exemplar erweitert. Im ersten der vier kurzen Stücke bittet der Fuchs ein Hühnchen zum Tanz - aus dem heiteren Spiel wird bald bitterer Ernst.

Die fünf Musiker sind in diesem Werk auch als Sprecher und Schauspieler gefordert. Das Bläserquintett der Staatskapelle Berlin löste im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses seine Aufgabe mit Bravour. Die Verse aus der Feder der englischen Dichterin Rhoda Levine (hier in der deutschen Fassung von Friedl Hofbauer) entwickelten ihre eigenwillige philosophische Komik, die ereignisreiche und pointierte Musik wurde hinreißend leichtfüßig dargeboten.

Dasselbe gilt für das Quintett in E-Dur von Jean Francaix, das den Hörer von Tiefsinn verschont, dafür mit Eleganz, Charme und Raffinement entschädigt. Thomas Beyer, Flöte, Gregor Witt, Oboe, Tibor Reman, Klarinette, Axel Grüner, Horn, und Matthias Baier, Fagott, spielten wunderbar durchsichtig und ließen sich keine Facette dieser optimistischen Musik entgehen bis hin zum Schlussgag, wenn einem bedeutungsvollen Hornmotiv kleine Kuckucksrufe gleichsam die Nase zeigen. Ebenso fesselnd hatte das Konzert begonnen - mit Mozarts Quintett-Bearbeitung der Bläserserenade in c-moll KV 388.

Mathias Nofze

Harmonie. Am letzten Tag des Crossroads-Festivals konnte man den Eindruck haben, die Macher des Rockpalasts hätten für die acht auftretenden Gruppen Karten gebastelt, diese kräftig durchgemischt und als Paare für den jeweiligen Konzertabend gezogen.

So bizarr wirkte die Mischung aus lautem dänischen Garagenrock und zarten Folktönen aus Kanada. In Wirklichkeit waren es Tourneeverpflichtungen, die diese musikalischen Gegensätze auf die Bühne brachten.

Baby Moonrose um den charismatischen Sänger und Gitarristen Lorenzo Moonrose, der eigentlich Uffe Lorenze oder Uffe Lorentzen heißt, waren ein erstaunliches Beispiel dafür, wie man mit viel musikalischem Gefühl und Energie auch mit den Grundakkorden der Anfänger-Gitarrenschule leidenschaftliche und nachhaltig wirkende Musik machen kann. Laut verzerrte Soli von Moonrose gaben der Musik die spannende Mischung aus Garagenrock und psychodelischer Hypnotik. Ein etwas schräges, aber intensives Musikerlebnis.

Dagegen wirkten Brenley MacEachern und Lisa MacIsaac von Madison Violet mit ihren lieblichen Stimmen wie aus einer anderen, heilen Welt. Auch wenn viele Geschichten, die sie aus ihrem Leben in Kanada erzählten, genau diesen Eindruck bestätigen halfen, durch die Ermordung von Brenleys Bruder brach das Idyll auseinander. Der sinnlose Tod wird in der melancholischen Ballade "Prayed" erzählt und vielleicht auch aufgearbeitet.

Der vorletzte Crossroads-Tag war in seiner Zusammensetzung weitaus stimmiger. Die schwedische Band Soulshake Express spielte mit großer Frische rifflastigen 70er-Jahre-Rock. Die Überraschung des Abends war Miller Anderson. Ein 65-jähriger Blues-Veteran, der mit Schiebermütze durch seine Entspanntheit und melodiösen Soli überzeugte. Eine späte, wenn auch nicht zu späte Entdeckung.

Ronald Krüger

Lutherkirche. Gabriel Faurés "zum Vergnügen" entstandene Requiem-Vertonung für Sopran, Bariton, Chor und Orchester gibt eine sehr persönliche Glaubenshaltung wieder, die den Tod im Hinblick auf das verheißene Paradies als Erlösung begreift.

Berthold Wicke hat mit seiner Lutherkirchen-Kantorei und Mitgliedern des Beethoven Orchesters eine idiomatisch akkurate Interpretation abgeliefert. Der Chor bleibt insbesondere in den Frauenstimmen angemessen leicht und klar und agiert präzise. Den Herren dagegen fehlt es ein wenig an "Kern" und bisweilen am gemeinsamen Einsatz (Agnus Dei).

Susanna Franks eher dunkel timbrierter Sopran hätte ruhig etwas behutsamer eingesetzt werden können. Burkard Zass hingegen fand den angemessen zurückhaltenden Tonfall. Wie das Requiem, so hat auch der antike Orpheus-Mythos mit "loslassen können" zu tun. Berthold Wicke hat einen kleinen Lieder-Zyklus für Mezzosopran und Streichorchester geschaffen, der nun zur Uraufführung kam.

An Mahlers Klangsprache erinnert der Beginn ein wenig, findet dann aber schnell zu individuellem, nicht allerdings übermäßig modernem Ausdruck, der auch Sprechgesang beinhaltet. Suzanna Frank konnte ihre Stärken hier überzeugend ausspielen.

Fritz Herzog

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