The XX-Konzert in Düsseldorf Gravierend neu und trotzdem typisch XX

Düsseldorf · The XX werden beim ausverkauften Abschlusskonzert ihrer Deutschlandtour in der Düsseldorfer Mitsubishi-Halle frenetisch gefeiert.

 The XX bei einem Auftritt in Mailand.

The XX bei einem Auftritt in Mailand.

Foto: Bernhard Hartmann

Vor der Show fallen die großen Lautsprecher vor der Bühne auf. Sie signalisieren, dass der Klang an diesem Abend mächtig und detailgenau sein soll. Um die Erzeugung eines KlangRaums ging es The XX stets. Hauchende Stimmen, minimalistische Gitarre, vielschichtiger Bass und verwehte Elektrosounds schufen eine Weite, die den Zuhörer dennoch Teil einer intimen Begegnung mit der Band, ihren Unsicherheiten, ihrem schüchternen Verlangen werden ließen.

Das Licht geht aus, die Bühne ist für einen kurzen Moment in tiefes Schwarz gehüllt. Neon-Lichter flackern auf, werden von raumhohen Silberquadern reflektiert. Selbst von der mächtigen Soundzentrale am Ende der Mitsubishi-Halle werfen rotierende Kugeln grelles Licht. The XX beginnen mit „Say Something Loving“ vom neuen Album „I See You“ – zurzeit Nummer Eins der deutschen Albumcharts.

„Sag etwas Liebevolles, ich brauche eine Erinnerung, die Gefühle sind mir abhandengekommen“ singen Romy Madley Croft und Oliver Sim. Die Themen der Songs kreisen weiterhin um Befindlichkeiten. Textzeilen wie Tagebuchaufzeichnungen, die sich Romy und Oliver vorsingen. Aber schon zu Beginn wird deutlich, dass beim dritten Album, das gemeinhin als schwierigstes Werk gilt, etwas gravierend Neues in die sich selbst reflektierende XX-Welt gekommen ist. Sie öffnen ihren hermetischen Raum und gehen in die Welt. „I See You“ meint: „Ich nehme die Welt bewusst wahr.“

The XX lösen sich aus der Statik, die ihre früheren Konzerte auszeichnete. Sie bewegen sich, umkreisen sich, wechseln die Bühnenseiten, gehen auf die Fans zu. Sie sehen sich, sie sehen die Fans. Das Typische der XX ist geblieben – die gehauchten Dialoge, die reduzierte Gitarre, die mit zwei Tönen eine betörende Stimmung zu erzeugen vermag. Der Sound aber ist wuchtiger, komplexer geworden.

Großen Anteil an dieser Weiterentwicklung hat Jamie XX, der mit seinem gefeierten Solo-Album „Colour“ die empfindsame Kammermusik der XX tanzbar machte. Ein Glück, das Romy und Oliver seinen Weg als Möglichkeit erkannten, zu neuen Ufern vorzustoßen.

Das Neue hinterlässt deutliche Spuren im Konzerterlebnis, das überraschende Höhepunkte bereithält. Auch die alten Stücke bekommen ein musikalisches Facelifting. Sie sind druckvoller, ohne dass sie ihre Sensibilität verlieren. Das ist vielleicht das Überraschende und Beruhigende. The XX bleiben sich treu, ohne still zu stehen. „Infinity“ vom Debütalbum verliert an Gespenstigkeit, gewinnt an Dringlichkeit.

„Loud Places“ – ein Jamie XX-Cover – zum Ende des Sets mutiert mit wuchtigem Bass, der den Zuhörer wegzublasen scheint, zu einem Cluberlebnis. 7.500 packt es, sie müssen tanzen, so sehr geht der Sound in den Körper.

„On Hold“ im Zugabenteil knüpft an diese ausgelassene Stimmung nahtlos an. Der gefeierte Höhepunkt des Abends ist „Intro“, das langsam hypnotisch beginnt. Romy und Oliver umkreisen sich, um dann ekstatisch auszubrechen. Mit einem gehauchten „Angels“ verabschieden die XX ihre Fans in die kühle Nacht.

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