Theater Marabu "Griff, der Unsichtbare" feiert gelungene Premiere

Bonn · Griff packt's an und hat alles perfekt im Griff. Obwohl das mit dem Superheldentum im Matratzengebirge von Ausstatterin Laura Rasmussen eher nicht nach Megapower mit Laserwaffen und fabelhaften Sternenkriegen aussieht. Griff ist ein ganz normaler Typ mit einem stinklangweiligen Job.

 Superman in der Klemme: Mario Högemann spielt den jungen Griff. FOTO: URSULA KAUFMANN

Superman in der Klemme: Mario Högemann spielt den jungen Griff. FOTO: URSULA KAUFMANN

Foto: URSULA KAUFMANN

Sein mäßig sehenswertes Kino-Vorbild kann man bei der Bühnen-Inszenierung von Christina Schelhas getrost vergessen. Im Programm "Nachwuchsförderung Regie im Kinder- und Jugendtheater" des Theaters Marabu wird daraus eine höchst witzige Show.

Schelhas, erfahrene Regieassistentin am städtischen Theater Bonn, durch das eigenwillige Werkstattprojekt "There is no Orchestra" und verschiedene Jugendclub-Produktionen ausgewiesen, lässt die Protagonisten auf gleicher Bettkantenhöhe und mit maximaler Kissenschlacht-Energie agieren.

Griff, ein wenig verschlafen auf dem Helden-Trip und traumverloren schwankend zwischen Peter Pan und James Bond, Spiderman und Matrix, hängt sich voll rein in seine Mission. Zu retten gibt's im bürgerlich soliden Umfeld nicht wirklich viel, zumal Griffs hilfreiches Eingreifen manchmal eher stört.

Mario Högemann verkörpert hinreißend den linkischen jungen Mann, der so überzeugend in den Kampf gegen alles Böse zieht, dass sein großes Ritterherz wirklich Unterstützung verdient. Dass er ihm die Freundin Melody ausspannt, trägt sein großer Bruder mit Fassung. Norman Grotegut gibt herrlich komisch den bodenständigen gutmütigen Glatzkopf, der per Windmaschine Griffs Mantel beflügelt. Zusammen mit einer dramatischen Tonspur gibt das einen echt filmreifen Auftritt. Vor und hinter ihren Kameras treten die drei Figuren aus der Unscheinbarkeit heraus und machen aus ihrem Leben großes Kino.

Die auf Matratzenwände projizierten Live-Videos sind nur der Anfang einer irren Love-Story mit der eigenwilligen Melody. Julia Hoffstaetter im leuchtend roten Kleid spielt die Forscherin, die gerade an Metamaterialien arbeitet, mit denen unsichtbar machende Tarnanzüge fabriziert werden könnten. Ihrem neuen Siegfried passt das erste Modell wie angegossen. Und so glaubt Griff sich allen Blicken entzogen und seinen großen Aufgaben gewachsen. Eine Illusion zwar - aber spielerische Wirklichkeit. Mit dem Mut zur Selbsttäuschung bleibt die Welt zwar ungerettet, aber immerhin finden zwei merkwürdige Außenseiter zusammen. Doch was wäre die Welt ohne romantische Spinner wie Griff und Melody, die Sturm laufen gegen das weich gepolsterte Universum, das ihre Sprünge immer hübsch sicher auffängt?

Eine gute Stunde lang spielt das junge Trio virtuos mit Blickverschiebungen und Verblendungen. Ein pfiffiges Schauspiel über das Sehen. Aber jenseits aller Theorie vor allem ein Stück voll heiterer Bewegungslust, das auch Zuschauern ab zehn Jahren großen Spaß macht. Der Beifall bei der ausverkauften Premiere im Theater Marabu war fulminant. Christina Schelhas? neues Projekt "Blut ist dicker als Wasser" feiert seine Uraufführung am 21.Oktober in der Werkstatt von Theater Bonn.

Nächste Abendvorstellungen am 18. September und 21. Oktober um 18 Uhr. Kartenreservierungen unter Tel. (0228) 43 39 759. Weitere Infos unter www.theater-marabu.de

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