Guillaume Apollinaire reifte in Bad Honnef zum Dichter heran

Kunstraum am örtlichen Rathaus erinnert an französischen Autor und seine Zeit in der Stadt

Guillaume Apollinaire reifte in Bad Honnef zum Dichter heran
Foto: dpa

Bonn. Wem wäre schon der Name des Guillelmus-Albertus-Wladmir-Alexander-Apollinaris de Kostrowitzky vertraut, der dann als Knabe ganz banal auf den Namen Wilhelm hörte? Offenbar war er klug genug, sich schon früh nur Guillaume Apollinaire zu nennen.

Unter diesem klangschönen Namen wurde er, der von 1880 bis 1918 lebte, als Schriftsteller und Freund avantgardistischer Maler berühmt. Doch offensichtlich nicht überall berühmt genug. Denn in Bad Honnef, wo er - von Reisen abgesehen - zwischen August 1901 und August 1902 weilte, sind seine Person und seine Werke nur wenigen Kennern vertraut.

Diesem Mangel wollen diese nun, allen voran der Apollinaire-Spezialist Kurt Roessler, in ihrer Ausstellung "Der Dichter Guillaume Apollinaire und Honnef - Weltliteratur und rheinische Poesie 1901/1902" im Kunstraum am Rathaus abhelfen.

Das kann zwangsläufig nur in einer Leseausstellung mit viel "Flachware" geschehen, also mit Zitaten seiner wunderbaren Gedichte sowie schriftlichen und bildlichen Dokumenten aus jener Zeit - etwa mit der stattlichen ersten Gesamtausgabe des Dichters, deren Buchdeckel mit den für ihn so charakteristischen Kalligrammen, der Visuellen Poesie aus "Schriftbild", dekoriert sind, oder mit historischen Fotografien der Schauplätze und der Menschen, die Apollinaires Aufenthalt im Rheinland geprägt haben.

Der junge Mann aus Paris war nach Bad Honnef gekommen, um die kleine Tochter der Élinor Vicomtesse de Milhau aus der wohlhabenden Familie Hölterhoff als Hauslehrer zu unterrichten. Er hat sich dann allerdings nicht in die Dame des Hauses, sondern in die englische Gouvernante Anni Playden unsterblich verliebt.

Vielleicht hat er ihr auf dem "à-deuxchen", auf dem zierlichen Sofa, einem der wenigen Requisiten in der Ausstellung, seine Liebe gestanden. In jedem Fall ist dieser Begegnung, die allerdings entsagungsvoll endete, seine Liebes-Leid-Lyrik zu verdanken. Die schmerzvollen Verse, heißt es glaubhaft in Bad Honnef, erreichen "Heinequalität".

Vor allem hat Apollinaire, als der Boom der Rheinromantik längst abgeflaut war, noch einmal eine Sprache gefunden, den Fluss in seiner schönen (Ruinen-)Landschaft zu besingen: "Im Mai im schönen Mai in Booten auf dem Rhein ? Der Mai der schöne Mai schmückt die Ruinen mild ?" Immerhin 60 Gedichte und 30 Kurzgeschichten hat Apollinaire in jenem Jahr geschrieben, 30 davon galten dem Erlebnis Köln.

Überdies schickte er Reiseberichte an Pariser Zeitschriften, die seinen Ruhm als Journalist in der Seine-Stadt begründen sollten. Seit 1905 wirkte er dann auch als Kunstkritiker. Nicht zuletzt hat sein Gedicht "Fahrende Gaukler" seinen Freund Pablo Picasso zum Gemälde "Les Saltimbanques" (Die Gaukler) aus der Rosa Periode inspiriert. Von seiner Hand stammt auch eine treffsichere Karikatur des Poeten.

Apollinaire wurde zum Wegbereiter der Avantgarde, indem er die neuen "Kunstismen" definierte oder gar selbst als "Surrealismus" oder "Orphismus" prägte. Seine unkonventionellen Gedichte schrieb er, obwohl er die deutsche Sprache beherrschte, französisch.

Doch auch den Übersetzungen lässt sich ihr Zauber ablesen: "Sieben Berge schliefen wie Tiere - Müde vom Wachen über Legenden aus 'Rolandseck'". In Bad Honnef ist Guillaume Apollinaire zum Dichter herangereift.

Kunstraum Bad Honnef, Rathausplatz 1, bis 1. Juni; Do und Fr 16 bis 19, Sa und So 10 bis 13 Uhr; Beiblatt 1,50 Euro. Begleitbuch in Vorbereitung.

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